Der literarische "Austrokoffer" kommt – er wird bloß leichter
Redaktion
,
Wien – Zwölf bedeutende Autorinnen und Autoren haben
es sich bislang verbeten, in
den aus Anlass der Republikfeierlichkeiten 2005 erscheinenden "Austrokoffer" aufgenommen zu werden (siehe
auch unten stehenden Brief
von Ilse Aichinger). Doch Organisator Günther Nenning
glaubt, dass die vaterländische Literaturaktion wie geplant über die Bühne gehen
werde: "Da bin ich durchaus
zuversichtlich, dass wir den
Koffer umpacken. Am Erscheinungstermin im Jänner
bei Ueberreuter halten wir
fest", so Nenning gegenüber
dem STANDARD.
Nenning: "Wirklich weh tut
mir nur das Wegfallen von Elfriede Jelinek. Das soll halt so
sein. Nur: Soll ich jetzt um die
übrigen elf buserieren gehen?
Wir suchen uns ganz einfach
andere."
Manche der vonseiten der
Autoren geäußerte Bedenken
könne er gut verstehen: "Dass
aus manchen Romanen aufgrund von Kürzungen Erzählungen werden, passt mir eh
nicht." Bundeskanzler Wolfgang Schüssel habe seinerseits auf die Berücksichtigung
"jüngerer und jüngster" Literaturschaffender gedrängt.
Für die entfallenden Romanbände von Aichinger und
Jelinek nennt Nenning bereits
nachrückende Werke: Marianne Fritz' Schwerkraft der
Verhältnisse und Waltraud
Anna Mitgutschs Abschied
von Jerusalem. Nenning sei
"eisern entschlossen: Es muss
doch eine Freiheit geben! Literatur umfasst alles Mögliche.
Und natürlich enthält der
,Austrokoffer‘ auch so genannte Österreich-Kritiker: Ein anständiger Autor liebt Österreich, indem er Österreich
heruntermacht." Nenning gibt
zu, die "Vertragsangelegenheiten" ein wenig nachlässig
betrieben zu haben. "Aber der
neu gepackte Koffer zeugt, so
oder so, von Reichhaltigkeit."
Presse-Journalist Hans Haider, mit Ausstellungsvorbereitungen für das Jubiläum 2005
beschäftigt und Mitinitiator
des Koffers, hält die Mischungsverhältnisse in dem literarischen Gepäckstück für
ausgewogen: "Um Gottes Willen: Was ist ein liberaler Dichter? Eine gute Anthologie beweist ihre Liberalität dadurch,
dass sie verschiedene Schreibhaltungen versammelt." Und:
"Die Zielgruppe wären auch rund 300.000 Neoösterreicher, die ihre ,eigenen‘ Dichter ab nun preisgünstig kennen lernen können." Bereiten
die Absagen Schmerzen? "Also ich glaube, keiner der zwölf
besäße die Stirn zu sagen: ,Ohne mich geht's nicht!‘" (poh/DER STANDARD, Printausgabe, 7.9.2004)
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