St.Gerlach/Maastricht - Bestürzt bis
schockiert reagierten die EU-Außenminister am Freitag Nachmittag auf
das blutige Ende im Geiseldrama in einer Schule in Nord-Ossetien.
"Wir stehen vor einer schrecklichen menschlichen Tragödie", sagte der
niederländische Außenminister Bernard Bot als Vorsitzender des
EU-Ministerrats am Nachmittag. "Mit größter Trauer haben wir
erfahren, dass viele Geiseln getötet und Hunderte verletzt worden
sind. Ich bin schockiert." Er verstehe aber "das Dilemma, dem sich
die russische Regierung ausgesetzt sah".
Es sei schwierig, aus der Ferne zu beurteilen, ob das Vorgehen der
russischen Sicherheitskräfte eine richtige Entscheidung war. Die
russischen Behörden hätten jedoch alles getan, um eine
Verhandlungslösung zu erreichen, betonte Bot. Sie hätten ihre
Reaktionsmöglichkeiten sicherlich genau geprüft. In einer
schriftlichen Stellungnahme hatte er zuvor bedauert, das eine
friedliche Lösung "nicht möglich" gewesen sei.
"Abscheuliches Verbrechen"
Der deutsche Außenminister Joschka Fischer verurteilte die
Geiselnahme als "abscheuliches Verbrechen". "Ich kann mir keinen
Grund vorstellen, der es rechtfertigen würde, Kinder, Kleinstkinder,
Babys, ihre Mütter zu Geiseln zu nehmen", sagte Fischer bei seiner
Ankunft in Valkenburg bei Maastricht. Es sei klar, dass es in
Tschetschenien nur eine politische Lösung geben könne. "Auf beiden
Seiten sind schwere Menschenrechtsverletzungen begangen worden." Das
Drama zeige aber, "dass wir es mit einem Gegner zu tun haben, der
totalitär denkt, der zu äußerster Brutalität entschlossen ist", sagte
Fischer und fügte hinzu: "Es gibt hier keine einfachen Antworten."
Das Geiseldrama sei "etwas Grauenhaftes" und zeige, dass der Kampf
gegen Terrorismus "die Top-Priorität" für die Politik sein müsse.
Terrorismus könne aber nur gemeinsam bekämpft werden, sagte
Außenministerin Benita Ferrero-Waldner (V). Sie wollte nicht dazu
Stellung nehmen, ob die Erstürmung der Schule der richtige Weg
gewesen sei. Sie habe viel zu wenig Informationen, um sich dazu zu
äußern, auch wenn "man immer bedauert, wenn es zu keiner friedlichen
Lösung kommt". Auch im Kreis der EU-Außenminister habe die Stimmung
vorgeherrscht, dass man den Terrorismus nur gemeinsam bekämpfen
könne. Schließlich zeige er sich nicht nur in Russland, erinnerte
Ferrero-Waldner an die beiden französischen Journalisten, die im Irak
als Geiseln genommen wurden. (APA/dpa/AP/Reuters)