DJ KRUSH Jaku (Sony)

Wenn Klangmalerei nicht so ein besch ... - so ein unglücklich esoterisches Wort wäre, es würde dem japanischen Hip-,Trip- oder sonst was Hop-Produzenten DJ Krush zu allerhöchster Ehre gereichen. Zumal dieser selbst in seinen genremäßig eindeutigsten Alben nie den berechenbaren Weg eingeschlagen hat, sondern mit einer stark im abstrakten HipHop verwurzelten Ästhetik wahrhaft spektakulär atmosphärische Musik geschaffen hat. Auch sein jüngstes Werk, Jaku, fällt in diese Kategorie. Betörend schöne Nachtschatten- gewächse, die sich als Soundtrack durch die Hinterhöfe des Großstadtdschungels anbieten. Ausgewählte Gastrapper beweisen zudem, dass dieses Fach inhaltlich wie formal mehr zu bieten hat als hysterisch selbstgefälliges Gebell über dicke Dinger aller Art.

Foto: Plattencover/Sony

MASTERS AT WORK Present Latin Verve Sounds (Universal)

"Little" Louie Vega und Kenny "Dope" Gonzalez, besser bekannt als die genialischen House-, HipHop- und Dancefloor-Produzenten Masters At Work, griffen für diese Kompilation in Muttis Plattenkiste, um dort, aus dem Fach des Labels Verve, elf zappelige Latin-Schätze zu heben. Das ist gerade modern. Nachdem Latin-Charakteristika in den letzten Jahren verstärkt das Erscheinungsbild des Dancefloors prägten, fördert man nun die Originale zutage. Dass dabei nicht alles Gold ist, was (ölig) glänzt - sei's drum. Wenn Willie Bobo einen seiner Rhythmus-Cocktails mischt, stellt sich die Frage "Geschüttelt oder gerührt?" sowieso nicht mehr: Arrriba! Anderle! Anderle!

Foto: Plattencover/Universal

JOHNNY CASH At San Quentin (Sony)

Der legendäre und nach At Folsom Prison zweitbeste Konzert- mitschnitt von Auftritten in Gefängnissen, die der im Vorjahr verstorbene Country-Music-Gigant Johnny Cash in den 60er-Jahren veröffentlichte, liegt nun in kompletter Länge vor. Das bedeutet, dass diese klanglich auf Höhe der Zeit gebrachte CD nun neun Songs mehr bietet. Auch hat man darauf verzichtet, jene "bösen" Wörter zu zensieren, die früher auf Vinyl von grässlichen Piepsern übertönt wurden: etwa in dem gewalttätigen Vater-Sohn-Drama A Boy Named Sue. So erscheint At San Quentin endlich uneingeschränkt als das, was es auch in verkürzter und entstellter Fassung schon war: ein Klassiker der Moderne, dem in dieser Form elf von zehn möglichen Punkten zu verleihen sind. Oder zwölf.

Foto: Plattencover/Sony

THE CATHETERS Howling . . . It Grows And Grows (Sub Pop/Trost)

Die neue Generation von Sub-Pop-Bands, zu der die aus Seattle stammenden Catheters zählen, blendet den Metal, der früher wesentlich zur Genese von Grunge beitrug, fast gänzlich aus. Stattdessen baut man auf die Wirkung brachialen Garagenrocks, den man aus dem Haus hetzt wie einen tollwütigen Hund. Etwas fetter produziert könnte das Album dieses Vierers sein, ansonsten erscheint es mit seinen zerstörten Soli und seinem Brüllgesang so giftig und angriffslustig wie der Kampf-Wau-Wau eines frustrierten Hausmeisters aus dem Gemeindebau: "Er will ja nur spielen." Ja, genau.

Foto: Plattencover/(Sub Pop/Trost)

THE MARTINIS Smitten (Cooking Vinyl/Hoanzl)

Als The Martinis veröffentlichen Joey Santiago und Linda Mallari. Santiago kennt man als begnadeten Axtmann von der einflussreichen US-Band Pixies. Dieser Apfel hier fällt nicht allzu weit vom Stamm. Mit einer Riege von Gästen fährt man griffigen Power-Pop hoch, den Santiagos Instinkt für verwegene Gitarrenmelodien charakterisiert. Wer bei Mallaris Gesang an die Breeders, die Band von Kim Deal (ebenfalls von den Pixies) denkt, liegt auch nicht ganz falsch. Hausmarke.
(flu, DER STANDARD, rondo vom 3.9.2004)

Foto: Plattencover/(Cooking Vinyl/Hoanzl)