Bild nicht mehr verfügbar.

Nach dem gestoppten Swisscom-Deal der Telekom Austria zieht Schüssel auch bei der VA Tech die Notbremse.

Foto: APA
Linz/Wien – Die Pläne zur Übernahme des Anlagenbaukonzerns VA Tech durch den deutschen Elektromulti Siemens waren schon sehr weit gediehen. Am Dienstag zog Bundeskanzler Wolfgang Schüssel die Notbremse. Offenbar getrieben von der Dynamik der Sondersitzung des Nationalrats zum geplatzten Telekom-Austria-Verkauf an die Swisscom, sprach sich Schüssel überraschend für die Beibehaltung des Staatsanteils an der VA Tech aus.

Er sei dafür, "dass die ÖIAG an Bord bleibt und im Notfall bei einer Kapitalerhöhung mitzieht".

"Industrieperle"

Finanzminister Karl-Heinz Grasser beeilte sich seinerseits zu betonen, dass er darauf vertraue, dass der VA-Tech-Vorstand das Beste für Standort und Beschäftigte tun werde. Für ihn sei klar, "dass es eine Zerschlagung dieses Unternehmens nicht geben darf, dazu müssen wir auch als 15-Prozent-Aktionär Sorge tragen." Die VA Tech sei eine "Industrie-Perle".

SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer war allein beim Gedanken, die VA Tech mit 8000 Beschäftigten in Österreich (und 17.000 weltweit) könnte an Siemens Deutschland verkauft werden, eine "Gänsehaut" aufgelaufen.

Damit ist offiziell "gestorben", was nur inoffiziell durchgesickert war: Die geplante Übernahme der Linzer Anlagenbauer, die soeben ein mehr als 70 Mio. Euro schweres Sanierungspaket verabschiedet hatten, das dem Konzern heuer ein weiteres Verlustjahr beschert hätte.

Marktbereinigung

Hauptziel einer Übernahme wäre eine Marktbereinigung gewesen – insbesondere im Segment Energieübertragung und -verteilung. Der deutsche Elektronikkonzern, auch in Österreich einer der größten industriellen Arbeitgeber, hätte sich das gut 800 Mio. Euro kosten lassen, um die geringen, teils negativen Margen im Energiegeschäft zu entlasten und die Preise wieder anheben zu können.

Die VA Tech wäre freilich nicht ganz geblieben. Erstens bringt die Summe der Einzelteile mehr Geld als das Ganze, und zweitens gibt es deutliche Überschneidungen zwischen VA Tech und Siemens. Angenehmer Nebeneffekt: General Electric, weltweit der schärfste Konkurrent für Siemens, hätte einen wichtigen Vertriebsarm in Europa verloren.

Die Schlüsselfrage des Deals wäre freilich gewesen, was Siemens mit der VAI, dem Voest-Alpine Industrieanlagenbau, gemacht hätte. "Verkauft", sagt ein Insider, denn die VAI sei ein Asset der VA Tech und leicht abtrennbar. Elin-EBG und T&D wären filetiert worden, weil Siemens in diesen Segmenten selbst stark ist bzw. sich von dort zurückgezogen hat.

Völlig uninteressant wäre für Siemens die Energieerzeugung (VA Tech Hydro) gewesen, diese Sparte deckt ihr Joint-Venture mit Voith ab. Hydro hätte mit der thermischen Energieerzeugung der Austrian Energy von Kovats zusammengepasst, sagt der Insider weiter. Wäre also verkaufbar gewesen.

Kovats hätte prächtig verdient

Ohne den Verkauf der ÖIAG-Anteile (15 Prozent) und des Mirko Kovats (12,53 Prozent), hätte Siemens die VA Tech allerdings nicht beherrschen können, weshalb der geheim angeleierte Deal an diesen beiden Aktionärsgruppen hing. Kovats hatte einen Verkauf seiner VA Tech-Anteile (12,53 Prozent) nie dementiert, hätte bei einem solchen aber prächtig verdient.

Besonders misstrauisch machte die Figur der ÖIAG. Sie hat einen Verkauf ihres 15- Prozent-Pakets nie ausgeschlossen, sondern nur gesagt, sie kenne "kein Projekt, das in einer Zerschlagung der VA Tech enden könnte." Sie sei österreichischen Arbeitsplätzen verpflichtet. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 1.9.2004)