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Fotos: APA/dpa

Frankfurt/Berlin - Nach zehn Jahren Feindschaft haben sich der Tübinger Rhetorikprofessor Walter Jens und der Frankfurter Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki versöhnt. "Diese Freundschaft mit Walter Jens war die längste und wichtigste in meinem Leben", sagte der Kritiker, "ich bin sehr glücklich, dass das Zerwürfnis beendet ist".

Gipfeltreffen

Jens und Reich-Ranicki trafen sich am 16. August in dem Frankfurter Haus des Kritikers. Reich-Ranicki hatte den Freund angerufen, nachdem er gehört hatte, dass es diesem gesundheitlich schlecht gehe und seinen Besuch angeboten, doch Jens wollte lieber nach Frankfurt kommen. Am Telefon vereinbarten die beiden Über-80-Jährigen, dass die Inhalte des Zerwürfnisses bei dem Treffen nicht zur Sprache kommen sollten.

Das dreieinhalbstündige Gespräch habe "einen sehr angenehmen Verlauf" genommen, berichtete Reich-Ranicki. "Es war als ob wir uns in der Woche zuvor zuletzt gesehen hätten." Um die Versöhnung auch öffentlich zu dokumentieren, werde am Samstag in der "Frankfurter Anthologie" der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" ein Beitrag von Jens über ein Gedicht von Theodor Fontane erscheinen, bestätigte der Kritiker einen Bericht der Tageszeitung "Die Welt".

Der Stein des Anstoßes

Jens und Reich-Ranicki kennen sich seit 1959. Zunächst verband sie eine enge Freundschaft. Nach der deutschen Wiedervereinigung kam es zu einem Zerwürfnis, als beide gegensätzliche Standpunkte bei der Beurteilung einiger DDR-Schriftsteller einnahmen. Reich-Ranicki bezeichnete Jens in seiner Biografie als "geltungssüchtig". Im Rückblick wollte Reich-Ranicki die Gründe des Disputs nicht mehr kommentieren: Jede Äußerung könnte nur neue Missverständnisse hervorrufen. "Das ist vorbei." (APA/dpa)