Bertrand Gbongou nach dem Kopftreffer durch Caliskan schwer benommen.

Athen - Mit einer klaren 4:8-Niederlage in der ersten Phase der Hoffnungsrunde gegen den Ägypter Tamer Hussein hat sich Tuncay Caliskan am Freitag endgültig aus dem olympischen Taekwondo-Turnier verabschiedet. Der 27-jährige Österreicher zog sich in der dritten Runde beim Stand von 4:6 eine Knieverletzung zu und war danach chancenlos. Damit haben sich seine Hoffnungen auf eine Olympia-Medaille wie bereits im Jahr 2000 in Sydney, als Caliskan Vierter war, neuerlich nicht erfüllt.

Caliskan, der sensible Taekwondo-Kämpfer, erlebte am Freitag eine Ausnahmesituation. Ein schweres K.o., das er in der ersten Runde der Kategorie bis 68 Kilogramm dem Zentralafrikaner Bertrand Gbongou Liango zufügte, warf auch den 27-jährigen aus der Bahn. Er bezog im zweiten Kampf gegen Huang Csih Hsiung aus Taipeh eine 8:10-Niederlage, durfte aber aufgrund des Finaleinzug seines Gegners weiter auf eine Medaille hoffen, eher er gegen Hussein verlor.

"Da zieht man nicht mehr voll durch"

"Ich habe versucht, den ersten Kampf zu vergessen, aber im Unterbewusstsein ist das immer da", erklärte Caliskan, der im Finish gegen den Weltmeister Huang (bis 62 kg) alles probiert hatte. "Aber da war immer der Hintergedanke an den ersten Kampf, dann zieht man nicht mehr voll durch." Der unorthodox kämpfende Gbongou hatte gegen Caliskan Mitte der dritten und letzten Runde 4:1 geführt, als er nach einer Fußtechnik gegen den Kopf minutenlang bewusstlos am Boden lag.

Bei Caliskan, dem Olympia-Vierten von Sydney, wurden Erinnerungen an einen tödlichen Unfall eines Dänen vor sieben Jahren wach. "Unser Sport ist gefährlich, aber eine Verletzung wünsche ich niemandem", sagte der Wiener. Sein Kick nach einer Drehung - Mondolyo-Chagi heißt diese Technik der koreanischen Kampfsportart - traf den Zentralafrikaner völlig überraschend. "Er ist in diesen Konter richtig reingelaufen, umso stärker war die Wirkung. Ein so schweres K.o. ist selten", sagte Bundestrainer Mustafa Atalar.

"Will mich ihm reden"

Caliskan ging der zunächst kritisch wirkende Zustand Gbongous sehr nahe. "Zuerst habe ich mich über das K.o. gefreut, weil ich geglaubt habe, bei fünf steht er wieder auf. Aber das hat mich geschockt, denn man trainiert, um zu punkten, und nicht, um jemanden K.o. zu schlagen", sagte der HSZ-Angehörige. Er hat sich gleich bei der Teamführung Zentralafrikas nach dem Befinden seines Gegners erkundigt. "Ich will mich auch mit ihm treffen und mit ihm sprechen", sagte Caliskan. Die von ihm befürchteten Buhrufe der Zuschauer vor dem zweiten Einsatz blieben aus. "Denn sonst hätte ich gar nicht mehr kämpfen können."

Nach der Erstversorgung Gbongous, den auch der Kopfschutz nicht vor dem K.o. bewahrt hatte, sprach ein Mitglied seiner Teamführung von einer gebesserten Situation. Der Athlet sei bei Bewusstsein, habe gesprochen, sei aber zu Kontroll-Untersuchungen in ein Spital gebracht worden, sagte ein Mitglied der Delegation Zentralafrikas. Von dort gab es zunächst keine offizielle Stellungnahme, man sprach von einem "stabilen Zustand".(APA)