Caliskan, der sensible Taekwondo-Kämpfer, erlebte am Freitag eine Ausnahmesituation. Ein schweres K.o., das er in der ersten Runde der Kategorie bis 68 Kilogramm dem Zentralafrikaner Bertrand Gbongou Liango zufügte, warf auch den 27-jährigen aus der Bahn. Er bezog im zweiten Kampf gegen Huang Csih Hsiung aus Taipeh eine 8:10-Niederlage, durfte aber aufgrund des Finaleinzug seines Gegners weiter auf eine Medaille hoffen, eher er gegen Hussein verlor.
"Da zieht man nicht mehr voll durch"
"Ich habe versucht, den ersten Kampf zu vergessen, aber im Unterbewusstsein ist das immer da", erklärte Caliskan, der im Finish gegen den Weltmeister Huang (bis 62 kg) alles probiert hatte. "Aber da war immer der Hintergedanke an den ersten Kampf, dann zieht man nicht mehr voll durch." Der unorthodox kämpfende Gbongou hatte gegen Caliskan Mitte der dritten und letzten Runde 4:1 geführt, als er nach einer Fußtechnik gegen den Kopf minutenlang bewusstlos am Boden lag.
Bei Caliskan, dem Olympia-Vierten von Sydney, wurden Erinnerungen an einen tödlichen Unfall eines Dänen vor sieben Jahren wach. "Unser Sport ist gefährlich, aber eine Verletzung wünsche ich niemandem", sagte der Wiener. Sein Kick nach einer Drehung - Mondolyo-Chagi heißt diese Technik der koreanischen Kampfsportart - traf den Zentralafrikaner völlig überraschend. "Er ist in diesen Konter richtig reingelaufen, umso stärker war die Wirkung. Ein so schweres K.o. ist selten", sagte Bundestrainer Mustafa Atalar.
"Will mich ihm reden"
Caliskan ging der zunächst kritisch wirkende Zustand Gbongous sehr nahe. "Zuerst habe ich mich über das K.o. gefreut, weil ich geglaubt habe, bei fünf steht er wieder auf. Aber das hat mich geschockt, denn man trainiert, um zu punkten, und nicht, um jemanden K.o. zu schlagen", sagte der HSZ-Angehörige. Er hat sich gleich bei der Teamführung Zentralafrikas nach dem Befinden seines Gegners erkundigt. "Ich will mich auch mit ihm treffen und mit ihm sprechen", sagte Caliskan. Die von ihm befürchteten Buhrufe der Zuschauer vor dem zweiten Einsatz blieben aus. "Denn sonst hätte ich gar nicht mehr kämpfen können."