Graz/Wien - Wissenschaftsjournalismus hat seinen Ruf als Orchideenfach abgelegt, und versteht es, Publikum zu generieren. Zu diesen Schluss kommt die Fachhochschule Joanneum in Graz in einer Studie zur Rezeption des Faches in den Medien. Oder, wie es Hans-Hermann Sprado, Chefredakteur des Journals P.M., kürzlich formulierte: "Wissenschaftsjournalismus ist heute so krisensicher wie ein Beerdigungsinstitut."

Vor dem Hintergrund einer Entgrenzung weg vom "klassischen" Wissenschaftsjournalismus über Naturwissenschaften, Medizin und Technik in Richtung populärere Themen befragte der Grazer Studiengang Journalismus in Kooperation mit dem STANDARD zwischen Ende 2003 drei Monate lang Leser On- line. Das Resultat: Zwei Drittel der Befragten konsumieren Wissenschaftsberichte "häufig", über die Hälfte davon aus "Neugier" oder einem Bedürfnis nach "Weiterbildung". Das Internet wird gegenüber Tageszeitung oder Fernsehen bevorzugt.

Wichtig sind thematische Tiefe und Nachrichtengehalt

In Zeiten der medialen Boulevardisierung ist jedoch keineswegs "Wissenschaft light" gefragt. Thematische Tiefe und Nachrichtengehalt sind Lesern weitaus wichtiger als Sensationsgehalt. Sie wünschen sich eine Brücke zwischen hoch komplexen Themen und Verständlichkeit.

Doch offenbar geht der Wunsch nicht immer in Erfüllung: So gaben die Befragten an, dass oft die Qualität nicht stimme, und auch die Häufigkeit der Wissenschaftsberichterstattung zu wünschen übrig lasse. Was angesichts der Tatsache, dass die Wissenschaftsjournalismus-Rezeption bis dato weitgehend unerforscht war, nicht wundert: Bei der Auswahl der Themen mussten Journalisten das Leserinteresse bisher erraten. (east/DER STANDARD; Printausgabe, 27.8.2004)