Am 19. September kommt Schwarz-Blau auch in Vorarlberg an. Nicht auf Landesebene, da ist man im Ländle die Zusammenarbeit zwischen ÖVP und FPÖ seit Jahrzehnten gewohnt. Aber seit Schwarz-Blau im Bund regiert, haben in Vorarlberg noch keine Landtagswahlen stattgefunden - die am 19. September ist die erste seit der "Wende" in Wien. SPÖ und Grüne freut das, sie hoffen auf Rückenwind aus dem Bund. Die FPÖ hingegen fürchtet, wie in anderen Bundesländern drastisch verkleinert zu werden.

Diese Frage der Auswirkungen der Bundespolitik ist aber nur einer der Aspekte, die die Landtagswahl spannend machen. Der zweite ist eine Novität: Erstmals ist in Vorarlberg die Wahlpflicht abgeschafft. Politologen erwarten dadurch, wie im benachbarten Tirol, einen deutlichen Rückgang der Wahlbeteiligung (1999 lag sie bei 87,81 Prozent).

Ansturm bunter Listen

Die Fachleute gehen davon aus, dass eine niedrigere Wahlbeteiligung den kleineren Parteien helfen könnte. Und davon gibt es in Vorarlberg eine Menge: Acht Listen stellen sich zur Wahl - im Spektrum von etabliert bis originell. Derzeit sitzen nur ÖVP, FPÖ, SPÖ und Grüne im Landtag, das könnte sich ändern.

"Hausherrin" in Vorarlberg ist die ÖVP. Wie 1999 stärkste Partei zu werden, das ist Landeshauptmann Herbert Sausgruber nicht genug. Er formuliert selbstbewusst sein Wahlziel einer "klaren Mehrheit" - am liebsten wäre ihm natürlich der Wiedergewinn der 1999 verlorenen absoluten Mehrheit. Die scheint in Reichweite: Derzeit liegt die ÖVP beim Meinungsforschungsinstitut OGM bei satten 52 Prozent. Bisher hielt die ÖVP 18 der 36 Mandate.

Den Verlust der Absoluten hatte Sausgruber 1999 vor allem seinem langjährigen Regierungspartner zu verdanken: der FPÖ. Auch schon in Zeiten der schwarzen Absoluten saß Blau immer mit im Regierungsboot - ein freiwilliges Entgegenkommen der ÖVP. Unter Hubert Gorbach im Ländle (und Jörg Haider im Bund) stieg die FPÖ auf 27 Prozent. Gorbach ist mittlerweile weg, Haider auch, und Gorbach-Nachfolger Dieter Egger wäre froh, die Verluste in Grenzen halten zu können. Prognostiziert werden der FPÖ rund 16 Prozent.

Damit würde Blau wieder hinter Rot zurückfallen. Allerdings kann die SPÖ eigentlich nur gewinnen: Weniger als den Tiefststand von rund 13 Prozent im Jahr 1999 prophezeien nicht einmal die größten Pessimisten der roten Spitzenkandidatin Elke Sader. Auch den Grünen werden Zugewinne vorhergesagt. Sie könnten sich von sechs auf elf Prozent fast verdoppeln.

Ihr Wahlerfolg hängt aber vom Ergebnis der Kleinparteien ab: Der Hohenemser Jugendstadtrat Bernhard Amann versucht wieder, im linksliberalen Lager zu fischen. Dafür holt er sich mit dem Vorarlberger Hans-Peter Martin einen prominenten Wahlhelfer.

Gespannt beobachtet wird der Einstieg des VP-nahen Bregenzer Anwalts Wilfried Ludwig Weh, der für Naturgenuss unter anderem durch Nacktbaden kämpft. Wieder mit dabei ist der Bauer Georg Fritz mit seiner One-Man-Show "Liste Frizz", die "Selbstdenker" vertreten will. In nur drei der vier Bezirke gehen die "Buntkarierten" ins Rennen, Erstgereihter ist der bekennende Homosexuelle Yogy Wolfmeyer. (DER STANDARD, Printausgabe, 18.8.2004)