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ÖVP-Steuerexperte Lehner

Foto:APA/Schlagere
Wien - Durch den EU-Beitritt 1995 haben sich die Gelder für alle Gebietskörperschaften verringert. Der Anteil der Länder und Gemeinden an der Gesamtfinanzmasse von rund 56 Milliarden Euro hat sich jedoch überproportional verringert. Dementsprechend kontroversiell verlaufen bisher die Finanzausgleichsverhandlungen für die nächste Periode 2005 bis 2008, die am 23. August offiziell fortgesetzt werden. In der Zwischenzeit diskutieren Beamte und Experten, wie die Steuereinnahmen der Republik gerechter verteilt werden könnten.

Bei zwei zentralen Punkten - Steuerhoheit für Länder und einheitlicher Aufteilungsschlüssel für alle Steuern - lichten sich bereits die Nebel.

  • Steuerhoheit
    Budget- und Steuerexperte Gerhard Lehner, der die politischen Beratungen mit Zahlenmaterial und Machbarkeitseinschätzungen begleitet, hält eine Ausweitung der Steuerhoheit für Länder für "unrealistisch". Die meisten Länder, Unternehmen und Finanzbehörden seien mittlerweile dagegen.

    Kaum jemand wolle einen innerösterreichischen Steuerwettbewerb zwischen einzelnen Bundesländern lostreten. "Das ist nicht der Weg der Systemvereinfachung. Da wird alles komplizierter und intransparenter", sagte Lehner zum STANDARD. Insbesondere müssten dann die einzelnen Steuern auf die jeweiligen Bundesländer "zerlegt" werden, wenn etwa ein Großbetrieb wie die Voest in mehreren Bundesländern Betriebsstätten hat.

    Die Skepsis Lehners ("wenig Fantasie") teilt Wiens Vizebürgermeister und Länderchefverhandler Sepp Rieder (SP). Die Steuern nochmals auf Länderebene herunterzubrechen hält er für "nicht sinnvoll". Bei der bisher von Finanzminister Karl-Heinz Grasser vorgeschlagenen Länderautonomie für bodenbezogene Abgaben sei kaum Erhöhungspotenzial gegeben. Ein Abtausch zu anderen Transferzahlungen des Bundes wird daher klar abgelehnt.

  • Mitspracherecht
    Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer (VP) plädiert daher - statt einer Steuerhoheit der Länder über die derzeitige Werbe- und Naturschutzabgabe hinaus - für eine "verantwortungsvolle Einbindung in die Steuerfindung". Dies könnte beispielsweise über einen aufgewerteten Bundesrat nach dem Österreich-Konvent geschehen.

    Pühringer: "Uns geht es nicht darum, uns vor der Verantwortung in unangenehmen Bereichen wie der Steuerfindung zu drücken, aber es macht wenig Sinn, wenn Nachbargemeinden verschiedene Steuern einheben, nur weil zufällig die Landesgrenze zwischen ihnen verläuft."

    Während also die Steuerhoheit für Länder vom Tisch zu sein scheint, hat laut Lehner ein einheitlicher Aufteilungsschlüssel über alle Steuerarten hohe Umsetzungschancen. Auch Grasser habe "überraschend aufgeschlossen" auf diesen Länderwunsch - vor allem ein Anliegen Niederösterreichs - reagiert.

  • Einheitsschlüssel
    Laut Lehner wesentlich problematischer, wenn auch sehr sinnvoll wäre es, solch einen einheitlichen Aufteilungsschlüssel nicht nur in vertikaler Richtung (Bund im Verhältnis zu Ländern und Gemeinden), sondern auch auf der Ebene der Länder und Gemeinden (horizontaler Finanzausgleich) zu finden.

    Das Problem wäre, dass es "tatsächlich Gewinner und Verlierer" unter den Ländern geben könnte. Das weiß auch Vorarlbergs Landeshauptmann Herbert Sausgruber. "Das kann eine deutliche Vereinfachung vor allem bei einem längerfristigeren Finanzausgleich sein, ist aber auf horizontaler Ebene deutlich schwieriger zu verhandeln." Derzeit gibt es für jede Steuerart einen unterschiedlichen Länder-Aufteilungsschlüssel, der sich vor allem an der Einwohnerzahl und dem Steueraufkommen orientiert. DER STANDARD Printausgabe 17.08.2004)