STANDARD: Wie wirken sich die Spitzen beim Erdölpreis auf das Wirtschaftswachstum in Asien aus – ist die deutliche Verlangsamung in Japan mit nur mehr 0,4 Prozent Wachstum im zweiten Quartal schon ein Hinweis auf solche Effekte?

Jovanovich: Natürlich ist der Ölpreis ein Faktor, aber: Die Abhängigkeit Chinas vom Rohölpreis wurde in den vergangenen Monaten deutlich verringert, weil die Chinesen seit März 2003 die Reserven aufgestockt haben. Was Japan betrifft: Die Nettoexporte laufen ja gut, der private Konsum ist auch angelaufen, nur die Unternehmen investieren derzeit nicht. Ich möchte von einem Quartal aus noch keine Aussagen treffen. Der Schlüssel für China und damit für Asien ist aber die US-Konjunktur. Und deren Zustand ist nicht stabil.

STANDARD: Bei diesen Wachstumsraten?

Jovanovich: Ich bleibe dabei: Die US-Konjunktur ist von der Bush-Administration mittels verschiedener Stimulanzien künstlich hergestellt und daher nur eine Illusion. 2005 wird also ein besonders schwieriges Jahr für die USA werden. Allerdings werden auch die US-Zinserhöhungen moderat ausfallen, was auch in Asien weiter die Chance auf ein niedriges Zinsumfeld gibt.

STANDARD: Sehen Sie also Anzeichen einer erwünschten Abkühlung, eines so genannten "soft landing" des rasanten Wachstums in China?

Jovanovich: Das sagen die Chinesen selbst. Ich halte das für verfrüht, lediglich drei Monate nach einer Verknappung der Kredite in der Volkswirtschaft. Aber: Die Anzeichen dafür sind jetzt besser als vor zehn Jahren, als aus der Blase ein "hard landing" wurde. Wir müssen aber auch bedenken, dass sich die Situation dramatisch gewandelt hat: Asiatische Exporte waren früher eine Einbahnstraße in die USA. Heute ist China Hauptabnehmer der anderen asiatischen Exporteure. Eine Verlangsamung in China wird daher enorme Auswirkungen auf die ganze Region und die Rohstoffpreise weltweit haben. Die Hoffnung lautet also, dass sich China langsam abkühlt, bevor die US-Wirtschaft zu stocken beginnt – das ermöglicht Anpassungen.

STANDARD: Was heißt das für die asiatischen Börsen, die nach Milliardenzuflüssen westlicher Investoren und großer Euphorie zuletzt herbe Rückschläge verkraften müssen?

Jovanovich: Ich halte die Niveaus derzeit für günstig und prinzipiell für einen Einstieg geeignet. Wenn allerdings der Dollar kollabieren sollte und die asiatischen Firmen ihren Hunger nach Kapital nicht zähmen, dann wird das problematisch. Im Vorjahr gab es in der Region – Japan ausgenommen – neue Börsengänge im Gesamtwert von 50 Milliar 3. Spalte den Dollar. Heuer könnten Kapitalmaßnahmen bis zu 75 Milliarden Dollar zusammenkommen. Dieses Volumen wäre eine Bremse.

STANDARD: Und der Dollar?

Jovanovich: Asien war in den vergangenen 24 Monaten der größte Käufer von US-Schuldverschreibungen. Das war ein Arrangement und hat der Regierung Bush wesentlich zu den guten Wirtschaftsdaten verholfen. Ein Dollar-Crash würde nicht nur dieses Arrangement zerstören, sondern auch den Aufschwung in Asien beenden.

STANDARD: Bleiben Investments in Asien da noch attraktiv?

Jovanovich: Das Risiko einer geopolitischen negativen Beeinflussung Asiens ist zwar evident, das unterdrückt aber nicht die Attraktivität einzelner Unternehmen. Lokale Präsenz ist der Schlüssel zur Performance.

STANDARD: In welchen Staaten sind Sie derzeit nicht investiert?

Jovanovich: Derzeit bin ich besonders vorsichtig, was Taiwan und Südkorea betrifft. Die Tendenz der südkoreanischen Regierung nach links erhöht die Arbeitskosten, die Militärausgaben wachsen. Die Arbeiter der Autofirmen sind nach ihren deutschen Kollegen mittlerweile die bestbezahlten der Welt. In Taiwan verunsichern mich die riesigen Militärmanöver – China wird Taiwan nicht abspalten lassen. (DER STANDARD Printausgabe 17.08.2004)