Mag sein, dass der Leidensdruck diesmal auch innerhalb der Kirche endlich groß genug war, um nicht nur Worte zu finden, sondern auch Taten zu setzen. Viele Katholiken haben für sich selbst bereits die Konsequenzen gezogen und sind ausgetreten. Nun hat auch die Kirchenführung reagiert, vielleicht auch nur unter dem Eindruck der massiven Austrittswelle. Aber das Krisenmanagement scheint zu funktionieren.

Es ist ja - für die römisch-katholische Kirche - schon ungewöhnlich, dass die Missstände, die etwa in der Diözese St. Pölten vorherrschen, überhaupt angesprochen werden. Im Fall Groër etwa, als die Beweislage rund um die pädophile Neigung des Kardinals, der diese offensichtlich auch ausgelebt hatte, ebenfalls sehr dicht war, da wurde noch gemauert, geschwiegen und unter die Decke gekehrt.

Druck ging von Öffentlichkeit aus

Auch diesmal ging der Druck von der Öffentlichkeit aus, lagen die Beweise schon am Tisch, als die Kirche handelte. Aber sie handelte. Und Bischof Klaus Küng, ein aufgeschlossener und sympathischer Mann, der vom Papst als Visitator eingesetzt wurde, stellt sich der Öffentlichkeit. Küng spricht offen das fast suchtartige Herunterladen von Kinderpornografie aus dem Internet im St. Pöltner Priesterseminar an, was am Freitag auch zu einer gerichtlichen Verurteilung geführt hat. Der Bischof thematisiert auch ungefragt die homophilen Beziehungen im Priesterseminar - und schließt es.

Bei "Schwierigkeiten anderer Art" bleibt Küng zwar vage, die Anspielungen auf seinen St. Pöltner Kollegen Kurt Krenn sind aber nicht zu überhören. Auch hier herrscht Handlungsbedarf. Küng macht seine Sache gut, die letzte Entscheidung liegt aber beim Papst. Der - oder sein Beraterstab - muss das Krisenmanagement zu Ende führen - zur Erleichterung vieler Katholiken. (DER STANDARD; Printausgabe, 14./15.8.2004)