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Die angespannte Versorgungslage könnte auch durch neue Terroranschläge auf Ölinfrastruktur im Irak oder anderen Ländern des Nahen Ostens verschlimmert werden, befürchten Experten.

Foto: AP/Alexander Zemlianichenko
London - Drohende Lieferengpässe angesichts des Streits um den russischen Ölkonzern Yukos und der Unterbrechung des Betriebs in einer US-Raffinerie haben am Freitag die Ölpreise an den internationalen Rohstoffmärkten kräftig in die Höhe getrieben. Zeitweise wurde an den Terminmärkten Öl zur Lieferung im September so hoch wie noch nie seit Beginn des Öl-Terminhandels in den 80er-Jahren gehandelt.

Analysten erwarten erst für kommendes Jahr eine Entspannung der Lage am Ölmarkt, wenn die Nachfrage angesichts einer sich abkühlenden Weltkonjunktur geringer wird. Die Aktienmärkte reagierten mit Kursverlusten auf das von dem hohen Ölpreis ausgehende Risiko für die aktuelle Konjunkturentwicklung.

Brent und WTI auf Höchstständen

Der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent erreichte in der Spitze im Terminhandel 41,50 (plus 0,38) Dollar (34,5 Euro) und stand damit so hoch wie noch nie zuvor seit Beginn des Terminhandels auf diese Sorte 1988. Die US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) verteuerte sich auf 44,77 Dollar, den höchsten Stand seit Beginn des Terminhandels auf WTI 1983. Im Verlauf gab der Preis wieder etwas nach. In diesem Jahr hat sich Öl um gut 30 Prozent verteuert.

Auslöser für den Preisanstieg schon am Vorabend war Händlern zufolge die Entscheidung der russischen Behörden, die erst am Mittwoch angekündigte Freigabe der Yukos-Konten zur Finanzierung seiner Exporte zu widerrufen. Yukos fördert täglich 1,7 Mio. Barrel Öl und trägt damit zwei Prozent zu den Welt-Ölreserven täglich bei. In der Nacht zum Freitag sorgte zudem ein Brand in einer Ölraffinerie von BP in Texas für weitere Preissteigerungen. Der Brand wurde zwar rasch gelöscht, doch war einem Firmensprecher zufolge unklar, wie lange die Anlage, die drittgrößte in den USA, geschlossen bleibt.

Opec-Präsident Purnomo Yusgiantoro sagte, die Ölförderung liege derzeit bei 30 Mio. Barrel täglich, so hoch wie zuletzt 1979. Die Opec sei bereit, die Förderung noch um bis zu 1,5 Mio. Barrel zu erhöhen, falls die Ölminister dies auf ihrem Treffen am 15. September beschließen sollten. Die Opec kontrolliert mit elf Mitgliedsländern etwa die Hälfte der Welt-Ölexporte.

Starke Nachfrage in Asien

Vor allem die steigende Nachfrage aus dem boomenden China und Indien sowie den USA, wo die Konjunktur in diesem Jahr ebenfalls in Fahrt gekommen ist, sind Analysten zufolge für die Verknappung der Ölreserven verantwortlich. Mit einer Konjunkturabkühlung in Asien dürfte die Nachfrage sinken, sagen optimistische Analysten. Zudem würden derzeit neue Kapazitäten geschaffen.

Dennoch: Derzeit klettern die amerikanischen Ölpreise weiter in Richtung der Marke von 45 Dollar (37,4 Euro) je Barrel. Ölfachleute halten einen Anstieg der Ölpreise auf 50 Dollar für möglich. Sie verwiesen vor allem auf die Lage bei Yukos. Die angespannte Versorgungslage im Ölmarkt könnte auch durch neue Terroranschläge auf Ölinfrastruktur im Irak oder anderen Ländern des Nahen Ostens beziehungsweise durch neue Probleme in Nigeria und Venezuela verschlimmert werden. (red, dpa, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 7./8.8.2004)