Thomas Lutz ist Unternehmenssprecher und Mitglied der Geschäftsführung von Microsoft Österreich

WebStandard: Was halten Sie von der Entscheidung der Stadt Wien Linux und andere freie Software auf Arbeitsplatz-PCs einzusetzen?

Thomas Lutz: Die Stadt Wien hat sich aus wirtschaftlichen Gründen gegen eine Umstellung auf Linux entschieden. Gestützt auf eine Wirtschaftlichkeitsanalyse für die nächsten 5 Jahre (basierend auf dem TCO Modell von Gartner) wurden für die evaluierten Alternativen Windows/OpenOffice und Linux/Open Office Mehrkosten von rund 2,3 Millionen bzw. rund 6,4 Millionen Euro genannt. Microsoft begrüßt zudem die Art der Entscheidung der Stadt Wien.

Es wurde anhand der Anforderungen, des konkreten Nutzens der einzusetzenden Software und ihrer Kosteneffizienz entschieden, und nicht auf Grund einer kategorischen Präferenz eines bestimmten Entwicklungsmodelles. Das Angebot von Linux und OpenOffice auf einer freiwilligen Basis folgt dem Prinzip des freien Spiels der Marktkräfte innerhalb der Stadt Wien. Ich bin sehr zuversichtlich, dass gerade der Anwender den Bedienungskomfort und die breite Unterstützung und Verfügbarkeit von Anwendungen auf der Microsoft Plattform zu schätzen wissen wird und die mögliche Anwendung von Linux/OpenOffice eher in „good enough“ Szenarien erfolgen wird.

WebStandard: Warum glauben Sie, „kostet“ Wien von Linux?

Thomas Lutz: Wie auch in der Pressekonferenz erwähnt, wurde die Evaluation der Stadt Wien durch die Ankündigungen der Stadt München im Jahr 2003 angeregt. Dazu kommt der sehr öffentlichkeitswirksame Druck der Wiener Grünen, welche im letzten Jahr im Gemeinderat den Antrag auf eine Überprüfung eines Totalumstieges der Stadt Wien auf Open Source Software stellten und ihre politisch motivierten Forderungen über die Zeit mit mehreren Pressekonferenzen unterstrichen.

Dazu kommt, dass die Stadt Wien seit Jahr und Tag eine Multi-Plattform Strategie verfolgt, welche auch im Serverbereich sowohl Linux als auch Windows/.NET umfasst. Die Sicherstellung größtmöglicher Interoperabilität zwischen den Systemen stand hier immer im Vordergrund. Die Experten der Stadt Wien können daher mit beiden Welten gut umgehen und damit stand einer grundsätzlichen Verbreiterung der Auswahlmöglichkeiten im Softwarebereich nichts im Weg.

WebStandard: Microsoft hat auf Ankündigungen großer Kunden, wie etwa der Stadtverwaltung von Paris, auf Linux zu wechseln mit Preisrabatten reagiert? Kann sich Microsoft Österreich vorstellen, ebenfalls auf der Preisschiene gegen Linux und Co. in Wien entgegenzutreten?

Thomas Lutz: Mit der Stadt Wien verbindet Microsoft Österreich eine bereits mehr als zehn Jahre lange sehr gute Zusammenarbeit. Umso mehr freut uns die Entscheidung der Stadt Wien, auch weiterhin auf Microsoft als strategische Plattform zu setzen. Damit können wir die Stadt Wien auch in Zukunft optimal dabei unterstützen, ihre Verwaltung mit bestmöglichen Systemen so effizient als möglich zu machen.

Hinsichtlich der Preisgestaltung haben wir hier in Österreich eine besondere Situation, da wir hier wie auch in Deutschland einen Bundesrahmenvertrag mit der Bundesbeschaffungs GmbH abgeschlossen haben, welcher dem öffentlichen Bereich in Österreich bereits eine im Vergleich äusserst attraktive Preisstellung sichert. Weiters ist zu berücksichtigen, dass in den Lizenzkosten von Microsoft nicht nur ein perfekt integriertes Produkt sondern auch im Vergleich zu Linux weit längere Softwarewartung (10 Jahre) und die Abdeckung von möglichen Rechtsfreistellungskosten enthalten sind.

WebStandard: Wird Microsoft Österreich nun verstärkt gegen Linux auftreten? Etwa die Fakten-Kampagne neu auflegen – oder Lobbying-Aktivitäten verstärken?

Thomas Lutz: Im Gegenteil. Die Fakten sprechen doch für sich. Die Erkenntnisse welche in Wien gewonnen wurden zeigen auf, dass die Microsoft Plattform klare Vorteile im Preis-/Leistungsverhältnis bietet. Dies wurde auch schon aus der UniLog Integrata Studie bekannt, welche die Stadt München beauftragt hat und der Alternative Windows/Office eine bessere Wirtschaftlichkeit bescheinigt hat.

Die Entscheidung für einen Umstieg auf Linux wurde dort dann aus politischen Gründen getroffen. Auch die Stadt Nürnberg hat kürzlich eine interne Studie durchgeführt, welche für eine Linux Variante im wirtschaftlichen Vergleich Mehrkosten von 4,5 Millionen Euro aufgezeigt hat. Insbesondere öffentliche Einrichtungen, die mit dem Geld der Steuerzahler Software erwerben, sollten in erster Linie danach entscheiden, ob die zu erwerbende Software den sachlichen Anforderungen am besten gerecht wird. Dies ist auch der gestrigen Ankündigung der Stadt Wien zu entnehmen gewesen. (sum)