Hamburg - Das umstrittene iranische Atomprogramm reicht in seinen Anfängen bis in die 70er Jahre zurück, als in dem Land noch der Schah herrschte. 1974 begann die Siemens-Tochter Kraftwerk Union (KWU) mit dem Bau eines Kernkraftwerks in der Hafenstadt Bushehr am Persischen Golf. Bis zur islamischen Revolution 1979 wurden Presseberichten zufolge 80 Prozent des ersten und 60 Prozent des zweiten Reaktors fertig gestellt.

Im Krieg gegen das Nachbarland Irak in den 80er Jahren wurde das im Bau befindliche Kraftwerk durch Luftangriffe beschädigt. Deutschland kündigte damals die Zusammenarbeit auf. Bonn habe sowohl aus politischen als auch aus wirtschaftlichen Erwägungen kein Interesse mehr an dem Kraftwerk, teilte der damalige deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher damals mit.

1000-Megawatt-Reaktor soll 2005 ans Netz

Die Führung im Iran war von der Entscheidung empört und trachtete fortan, einen anderen Partner für das Projekt zu finden. Zeitweise wurde mit China verhandelt, ohne dass es zu einem Geschäftsabschluss kam. Im Jänner 1995 zeigte sich schließlich Russland bereit, für 800 Millionen Dollar (665 Mill. Euro) das Projekt in Bushehr fertig zu stellen. Fast 200 russische und 800 iranische Spezialisten wurden laut Presseberichten engagiert. Da den Russen die Unterlagen der Kraftwerk Union nur teilweise zur Verfügung standen, verzögerte sich die Fertigstellung des ersten 1000-Megawatt-Reaktors immer wieder. Er soll 2005 (nach anderen Angaben 2006) ans Netz gehen, hieß es Anfang Juli. Nach iranischen Angaben ist Moskau bereit, auch einen zweiten zu bauen.

Den von den USA erhobenen Vorwurf, an einem Atomwaffenprogramm zu arbeiten, hat der Iran stets zurückgewiesen. Ein Teil der dort betriebenen Nuklearanlagen lassen nach Ansicht von Experten Zweifel daran zu, dass sie allein friedlichen Zwecken dienen sollen.

So weit bekannt, sind die meisten Nuklearanlagen noch im Bau oder im Planungsstadium. In Betrieb sind Forschungsreaktoren in Teheran sowie in Ramsar und Bonab nordwestlich der Hauptstadt. Im Bau sind der kurz vor der Inbetriebnahme stehende 1000-Megawatt-Leichtwasserreaktor in Bushehr, eine Anlage zur Urananreicherung in Natanz, eine Anlage zur Produktion von schwerem Wasser in Arak und eine Anlage zur Produktion von Brennstäben in Isfahan. In Planung sind weitere 1000-MW-Reaktoren in Bushehr, sowie Anlagen gleicher Größe in Ahvaz.

Waffenfähiges Uran scheint möglich

Experten meinen, dass vor allem die Anlagen in Arak, Natanz und Bushehr darauf hindeuten, dass der Iran über ein weit fortgeschrittenes Programm zur Herstellung von waffenfähigem Nuklearmaterial verfügen könnte. In den Gaszentrifugen der 300 Kilometer südlich von Teheran gelegenen Urananreicherungsanlage in Natanz soll Uran angeblich so hoch angereichert werden können, dass es waffenfähig wird. Das 250 Kilometer südwestlich von Teheran in Arak hergestellte schwere Wasser könnte nach Meinung von Experten in einem noch zu errichtenden Schwerwasserreaktor verwendet werden. Schwerwasserreaktoren können in Verbindung mit Wiederaufbereitungsanlagen zur Herstellung von Plutonium genutzt werden. (APA/dpa)