Prag - Die für nächste Woche erwartete Ernennung der neuen tschechischen Regierung wird sich möglicherweise verzögern, weil Staatspräsident Vaclav Klaus mit der Zusammensetzung des Kabinetts, wie sie der neue sozialdemokratische (CSSD) Premier Stanislav Gross avisiert hat, unzufrieden ist.

Der Staatschef sei "nicht begeistert" über die Art, mit der die Regierungskrise gelöst werde und die Verhandlungen über die Bildung des neuen Kabinetts seien "bei weitem nicht abgeschlossen", verlautete aus der Präsidentenkanzlei laut Zeitungsberichten vom heutigen Samstag, obwohl die Gespräche über das Programm und die personelle Besetzung der Regierung Gross in den vergangenen Tagen praktisch abgeschlossen worden waren.

Absage

Klaus sagte sogar seine Teilnahme an der Sonntags-Debatte im Tschechischen Fernsehen, in der man über die entstehende Regierung diskutieren sollte, ab. Aus dem öffentlich-rechtlichen Sender verlautete, der Staatschef habe seine Anwesenheit bei der Debatte in jenem Moment abgesagt, als Gross am Donnerstag die Verteilung der Ministerien zwischen den Parteien bekannt gegeben habe.

Einwände habe Klaus vor allem gegen den Verbleib des Christdemokraten (KDU-CSL) Cyril Svoboda in der Position des Außenministers, mit dem er schon früher einige Konflikte gehabt hatte. Auch mit der geplanten Berufung des Rechtsliberalen (US-DEU) Karel Kühnl in das Amt des Verteidigungsministers habe der Staatschef Probleme, hieß es. Der Staatspräsident vertritt nämlich laut der Verfassung den Staat gegenüber dem Ausland und ist gleichzeitig der Oberkommandierende der Streitkräfte, sodass ihn mit dem Außenminister und Verteidigungsminister mehrere Funktionen verbinden. Klaus selbst ist Ehrenvorsitzender der oppositionellen konservativen Demokratischen Bürgerpartei (ODS).

Gegenüber der Tageszeitung "Mlada fronta Dnes" sagte Klaus, er wolle einige von der Koalition vorgeschlagene Minister auf die Prager Burg zu einem Gespräch "einladen". Dabei nannte er aber keine konkreten Namen. Das Blatt kommentierte das Vorgehen von Klaus, der Staatschef signalisiere, dass er zwar die Regierung schließlich ernennen werde, allerdings wolle er sich von ihr mindestens zum Teil distanzieren.

Der Sekretär von Klaus, Ladislav Jakl, sagte zur Regierungsbildung, der Präsident habe "grundlegendere Änderungen" im Kabinett erwartet. Damit spielte Jakl auf die Tatsache an, dass mehr als die Hälfte der Mitglieder des entstehenden Gross-Kabinetts schon der Regierung des zurückgetretenen Ministerpräsidenten Vladimir Spidla angehört hatten.

Laut Verfassung ernennt der Staatspräsident die Minister auf Grund des Vorschlages des Premiers. Dafür ist jedoch keine Frist vorgeschrieben. Erst nach der offiziellen Ernennung des Kabinetts gilt eine Frist: die Regierung muss sich innerhalb von 30 Tagen einer Vertrauensabstimmung im Abgeordnetenhaus stellen. (APA)