London/Wien - Der Preis für Rohöl der Nordsee-Sorte Brent ist am Donnerstag weiterhin knapp auf dem höchsten Stand seit 14 Jahren geblieben. Trotz eines leichten Rückgangs um einen Viertel Dollar kosteten die September-Kontrakte am Vormittag nach 9.30 Uhr MESZ mit 39,30 Dollar (32,7 Euro) pro Fass (je 159 Liter) kaum weniger als am Mittwoch.

Auch der Preis für OPEC-Öl stieg erneut an. Der Korbpreis für die sieben wichtigsten Sorten des Kartells wurde am Mittwoch mit 37,95 US-Dollar (31,54 Euro) pro Barrel (159 Liter) ermittelt. Das waren um 68 Cent mehr als am Vortag und der höchsten Stand seit der Kuwait-Krise im Herbst 1990.

Niedrige Öllagerbestände

In die Höhe getrieben wurde der Ölpreis am Mittwoch aus mehreren Gründen. Neben der Furcht vor Produktionsausfällen beim russischen Ölkonzern Yukos wirkten sich auch die erneuten Anschläge im Irak und neue Daten über hohe US-Ölimporte bei zugleich niedrigen Öllagerbeständen aus.

An der New Yorker Nymex war die Ölsorte US Light Crude am Mittwoch in der Spitze bis auf 43,05 Dollar und damit den höchsten Stand seit Beginn des Ölterminhandels im Jahr 1983 geklettert. Später gaben die Preise auf 42,90 Dollar nach - immer noch ein Plus von 1,06 Dollar gegenüber dem Vortag. Donnerstagfrüh kosteten die September-Lieferungen an der Nymex 42,60 Dollar, um 30 Cent weniger.

Rekord-Import in den USA

In den USA hat der Import von Rohöl in der vergangenen Woche mit 11,3 Mio. Barrel täglich einen neuen Rekordstand erklommen, wie die US-Energieagentur EIA am Mittwoch laut Reuters mitgeteilt hat. Dabei nahmen die Einfuhren um mehr als 1,2 Mio. Barrel täglich zu.

Nach Daten des American Petroleum Institute (API) verringerten sich die US-Lagerbestände an Rohöl in der Woche zum 23. Juli um 3,1 auf 298,7 Mio. Barrel. Die Bestände an Benzin schrumpften sogar um 3,3 auf 209,3 Mio. Barrel. Diese Daten trieben die Ölpreise am Mittwoch zusätzlich an.

Ängste über Produktionsausfälle bei Yukos

Insgesamt führten Händler den Ölpreisanstieg am Mittwoch hauptsächlich auf Ängste über Produktionsausfälle beim größten russischen Ölexporteur Yukos zurück. Auf Yukos entfallen rund 20 Prozent der Ölförderung Russlands.

Das Unternehmen, das sich in einem Steuerdisput im Wert von 3,4 Mrd. Dollar (derzeit 2,83 Mrd. Euro) mit der russischen Regierung befindet, produziert nach Angaben des "Wall Street Journals" (WSJ) täglich 1,7 Mio. Barrel Öl.

er Konzern hatte davor gewarnt, dass die Produktion nach dem vom russischen Justizministerium angeordneten Verkauf des Förderbetriebs Juganskneftegas für Tage ausfallen könnte.

Größere Nachfrage aus Asien

Auch die große Ölnachfrage in Asien, besonders China, treibt derzeit die Preise. Gleichzeitig produzieren die großen Ölförderländer kurz vor der Kapazitätsgrenze, was die Organisation vergangene Woche einräumte. Die OPEC kündigte große Investitionen an, um neue Quellen anzubohren.

Doch bis tatsächlich zusätzliches Öl fließen kann, kann ein Jahr vergehen. Bis dahin würde eine Unterbrechung der Lieferungen, etwa durch Krieg oder Terror, die Preise erneut explodieren lassen. Bis Ende 2005 soll die mögliche Tagesförderleistung 2,5 bis 3,5 Mio. Barrel über der jetzigen offiziellen OPEC-Produktionsmenge von 25,5 Mio. Barrel liegen.

Am Wochenende hatte der saudiarabische Ölminister Ali al Naimi die aktuellen Ölpreise um 40 Dollar im "Spiegel" als zu hoch bezeichnet. Offenbar fehlt dem wichtigsten Ölproduzenten der Welt aber die Kraft, die Preise durch höhere Förderung sinken zu lassen. Ihr nächstes Treffen haben die OPEC-Ölminister für 15. September in Wien geplant. (APA)