Also bitte: Ganz so schlecht geht es uns Österreichern ja doch nicht. Verglichen mit Tschechen, Ungarn, Polen und Slowaken sowieso: Kein Wunder, dass die neue market-Umfrage mit Mehrheiten von zwei Dritteln bis drei Vierteln den neuen EU-Ländern bescheinigt, dass es dort zumindest noch nicht so gut läuft wie bei uns. Auch wenn in der Nachbarschaft das Wirtschaftswachstum höher ist - dass der Lebensstandard dort bis auf weiteres zu wünschen übrig lässt, hat sich herumgesprochen.

Erstaunlicher ist vielmehr, dass die Österreicher auch sonst kaum mehr Vorbilder auf der Welt sehen: Russland, das zu Sowjetzeiten zumindest von einigen Linken romantisiert wurde, hat jeglichen Vorbildcharakter verloren. Um die USA steht es aus österreichischer Sicht nicht viel besser: Nur für jeden vierten Österreicher können sie ihrem Anspruch als gelobtes Land noch gerecht werden. Es gibt keinen reichen Uncle Sam mehr in unserer Vorstellung - der Irakkrieg und die eigentümlichen amerikanischen Ideen von Sozialpolitik und Esskultur werden wohl auch einen gewissen Einfluss darauf haben.

Kein Lichtblick auch aus dem wiedervereinigten Deutschland, dessen rot-grüne Regierungspolitik und dessen stotternde Wirtschaft in den Augen der Österreicher ebenfalls keine Orientierung geben. Bleibt je nach Weltanschauung die Schweiz als Musterland von Sauberkeit und Reichtum oder Schweden als Musterland von sozialer Fürsorge und Egalität.

Aber auch diese Muster funktionieren bei näherem Hinsehen nicht mehr so richtig wie in den Bildern, die in unseren Köpfen abgespeichert sind. Der Schluss ist zulässig, dass es bei uns eben nicht ganz so schlecht ist. Und dass Österreich sein eigenes Modell braucht, wenn es noch besser werden soll. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 26.7.2004)