"Anderswo ist es auch nicht viel besser"

Frage: Man sieht ja das eigene Land immer auch im Vergleich mit den politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen in anderen Ländern, die besser oder schlechter als bei uns daheim sein können. Alles in allem und rein gefühlsmäßig würde ich Sie bitten, mir bei den folgenden Ländern zu sagen, ob die Entwicklungen bei uns oder in dem jeweiligen Land insgesamt besser laufen.

Grafik: DER STANDARD
44 Prozent der Österreicher sind der Meinung, "dass sich unser Land so alles in allem in die richtige Richtung entwickelt" - ebenso viele geben aber an, dass dies nicht der Fall wäre. Verlockende Alternativmodelle finden sich im Ausland auch nur schwer.

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Linz - Ist es Zeit für einen Wechsel? Betrachtet man die Wahlumfragen, die der Koalition schon seit Monaten keine Mehrheit signalisieren, so könnte man dieser Meinung einiges abgewinnen. Umgekehrt: Entwickelt sich das Land in die richtige Richtung? Für viele tut es das. Daher ließ der Standard in der Vorwoche fragen, ob das Land insgesamt auf dem richtigen Kurs ist oder ob es eher eine Mehrheit für einen Kurswechsel gibt.

Das Linzer "market-Institut", das derartige Umfragen schon wiederholt durchgeführt hat, kommt zu keinem eindeutigen Ergebnis: 44 Prozent der Befragten bestätigen, dass die Richtung alles in allem stimmt - aber genau gleich viele Befragte sind gegenteiliger Meinung.

"Man kann nicht sagen, dass die Österreicher einen Kurswechsel wollen - oder dass sie einem ,weiter wie bisher' klar zustimmen würden," warnt market-Studienleiter David Pfarrhofer vor einer Überinterpretation der Daten. "Was man doch recht deutlich beobachten kann, ist aber die kritischere Haltung der Westösterreicher und der mittleren Generation von 30 bis 50, die von den Entwicklungen etwa bei der Pensionsdiskussion eine besondere Betroffenheit spüren. So etwas schlägt sich dann in dem Gefühl nieder, dass sich unser Land eben nicht in die richtige, aus Sicht der Betroffenen wünschenswerte Richtung entwickle."

2003 wollten sie Kurswechsel

Im Zeitvergleich zeigt sich allerdings, dass das Pendel schon mehrfach deutlicher ausgeschlagen hat. Zuletzt im Oktober 2003: Damals sagten 56 Prozent, es sei Zeit für einen Kurswechsel, nur 39 Prozent wollten weitermachen wie bis dahin. Dies war die höchste Unzufriedenheit, die market mit dieser Frage je gemessen hat. Noch im August 2003 hatten sich Zustimmung und Ablehnung in dieser Frage bei 46 bis 47 Prozent die Waage gehalten.

2001 Zufriedenheit

Vor zweieinhalb Jahren - als die Regierung Schüssel I. langsam Tritt fasste und andererseits die Terrorangst nach dem 11. September 2001 relativ hoch war, da war das Vertrauen, dass der Weg Österreichs richtig sei, besonders stark ausgeprägt: 57 Prozent signalisierten im Dezember 2001, dass sie mit dem Kurs zufrieden wären.

Kaum eine Alternative

Die Umfrage zeigt auch, dass die Österreicher auch kaum eine attraktive Alternative zur Entwicklung unseres Landes sehen - zumindest gibt es kaum als nachahmenswert gesehene ausländische Beispiele. Wie die Grafik zeigt, gilt die Schweiz noch am ehesten als das Land, von dem man annimmt, dass es dort besser ginge als bei uns.

Das gute Image der Schweiz ist vor allem bei Frauen und in größeren Familien stark ausgeprägt - das größte Misstrauen in die Entwicklung des Nicht-EU-Mitglieds Schweiz hegen leitende Angestellte und Beamte. Von den EU-Mitgliedsstaaten wird nur Schweden ein besonders guter Weg zugetraut: 43 Prozent meinen, dass es in Schweden besser ginge, 23 Prozent meinen, dass es dort etwa gleich gut ginge.

"Im Falle Schwedens wirkt die bis vor 20 Jahren immer wieder zitierte Vorbildwirkung im Sozialbereich noch nach, die besonders in der Kreisky-Ära propagiert wurde", sagt Pfarrhofer unter Hinweis darauf, dass jüngere Befragte deutlich weniger von Schweden halten. (DER STANDARD, Printausgabe 26.7.2004)