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"Handshake" zwischen Vorstandschef Jürgen Schrempp (r) und dem Gesamtbetriebsrats­vorsitzenden Erich Klemm in der Konzernzentrale in Stuttgart-Möhringen. In der Mitte DaimlerChrysler-Personalvorstand Günther Fleig.

Foto: APA/dpa/dpaweb/Weißbrod
Sogar Bundeskanzler Gerhard Schröder meldete sich aus dem Urlaub: Er begrüßte die am Freitag erzielte Einigung von Konzernleitung und Betriebsrat bei DaimlerChrysler als "Sieg der Vernunft". Diese Vereinbarung werde zu einer Verstärkung der konjunkturellen Erholung und Aufwärtsentwicklung beitragen, so Schröder.

Nach wochenlangen Verhandlungen, begleitet von Protestaktionen Zehntausender Beschäftigter, haben sich die Konzernleitung und der Betriebsrat bei DaimlerChrysler auf einen Kompromiss geeinigt: Die Arbeitskosten werden um 500 Millionen Euro pro Jahr gesenkt, dafür gibt es eine Beschäftigungssicherung für über 6000 Arbeitsplätze bis 2012 an deutschen Standorten.

Alle Bereiche betroffen

Betroffen sind praktisch alle Beschäftigungsbereiche, wobei sich die gewerkschaftlich besser organisierten Arbeiter stärker durchsetzen konnten. So bleibt die in Baden-Württemberg übliche so genannte Steinkühler-Pause von fünf Minuten pro Stunde im Prinzip erhalten, auch die Spät- und Nachtzuschläge ab 12 Uhr Mittag, aber der Anrechnungsmodus wird verändert.

Neu ist, dass im Entwicklungs- und Planungsbereich künftig auch Arbeitsverträge abgeschlossen werden, die eine 40-Stunden-Woche vorsehen – allerdings gegen höhere Bezahlung. Mitarbeiter wie das Kantinenpersonal oder Wachleute, die bisher nach dem hohen Metall-Tarif bezahlt wurden, bekommen nur noch eine branchenübliche Vergütung. Auszubildende und Neueinsteiger sollen drei Jahre lang auch an andere Standorte versetzt werden können.

Die 160.000 Beschäftigten in Deutschland sollen auch auf bereits vereinbarte Lohnzuwächse von rund 2,7 Prozent ab 2006 verzichten. Dies soll aber durch andere Zahlungen ausgeglichen werden, sodass laut Gewerkschaft "kein Mitarbeiter weniger haben wird als zuvor". Konzernchef Schrempp kündigte an, dass die Vorstandsbezüge um zehn Prozent pro Jahr gekürzt werden sollen. Auch die rund 3000 leitenden Angestellten würden einen "substanziellen Beitrag" leisten müssen. Dieser müsse aber noch ausgehandelt werden.

Betriebsratschef ist "stolz"

Betriebsratschef Erich Klemm sagte, er sei stolz auf dieses Ergebnis ohne gravierende Eingriffe in den Flächentarifvertrag. Ein Kündigungsausschluss von sieben Jahren sei bundesweit einmalig. Schrempp sagte, die Einigung habe Modellcharakter für Deutschland. Man müsse den Menschen in Deutschland vermitteln, dass sie zwar teilweise etwas aufgeben müssten. Dafür bekämen sie aber auch die Stärkung der einheimischen Standorte.

Schröder empfahl das Modell auch zur Nachahmung: "Ich bin sicher, dass nach DaimlerChrysler auch die Verhandlungen bei Volkswagen über Kosteneinsparungen und Beschäftigungssicherung in Deutschland zu einem erfolgreichen Abschluss führen." (Alexandra Föderl-Schmid aus Berlin, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24./25.7.2004)