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Foto: apa/rademacher
Hamburg/Mettmann - Der vor knapp 30.000 Jahren ausgestorbene Neandertaler bekommt eine neue Heimat in der Welt der Bits und Bytes. Die Hinterlassenschaft des Ur-Europäers, seine fossilen Knochen, Zähne und Steinwerkzeuge, sollen in einem europäischen Forschungsverbund künftig per Computer den Wissenschaftern weltweit zur Verfügung stehen, berichtet das in Hamburg erscheinende Magazin "National Geographic Deutschland". Die digitale Sammlung "The Neandertal Tools" (TNT) mit den gescannten und dann dreidimensional darstellbaren Neandertaler-Funden aus ganz Europa werde bis 2006 abgeschlossen sein, pünktlich zum 150. Jahrestag des bedeutenden Skelett-Fundes im Neandertal bei Mettmann.

Neben dem Datenpool für die Forscher und einer geschlossenen Plattform für den wissenschaftlichen Austausch soll dann dem Magazin zufolge der "National Geographic ArchChannel" allen Neugierigen offen stehen. Auf dieser Website machten unter anderem interaktive Module eine Zeitreise in die Welt des Neandertalers möglich.

Digitale Bearbeitung der Hinterlassenschaft

Die Urgeschichtsforscher können mit Hilfe von TNT die Hinterlassenschaft dieser frühen Menschenart in plastischer Abbildung am Computer bearbeiten oder ausdrucken lassen. Damit ließen sich die kostbaren Originale untersuchen, ohne dass sie den Tresor verlassen, erklärt der Direktor des Neanderthal-Museums Mettmann, Gerd-Christian Weniger. Außerdem sparten die Forschungsinstitute Reisekosten, sagte der Mitinitiator des aus EU-Mitteln unterstützten Projektes, an dem außer seinem Haus Forschungsinstitute in Belgien, Kroatien und Frankreich sowie mehrere Software-Entwickler beteiligt sind.

Der Urgeschichtler Ralf W. Schmitz von der Universität Tübingen sieht in dem Projekt ein hervorragendes Hilfsmittel für Studien- und Ausstellungszwecke. Zur exakten Untersuchung krankhafter Knochenveränderungen, von Kratz- oder feinsten Schnittspuren oder zu chemisch-molekularen Prüfungen seien allerdings die Originale nicht verzichtbar, schränkte der Neandertaler-Experte ein.

Innenohr kann untersucht werden

Nach dem Bericht von "National Geographic Deutschland" ist es allerdings möglich, virtuell etwa das für die Evolution bedeutsame Innenohr an Neandertalerschädeln genau zu untersuchen, was bisher ohne eine Beschädigung des Knochens kaum möglich war. Außerdem könne der Computer an den digitalisierten Fossilien fehlende Teile anatomisch richtig ergänzen und mögliche Verformungen der Knochen durch den Erddruck korrigieren.

An dem Projekt "The Neanderthal Tools" ist auch ein österreichisches Unternehmen beteiligt. Die in Wien ansässige PXP Software Austria GmbH zeichnet für die konzeptionelle und technische Umsetzung der für das Projekt notwendigen Web-Plattformen verantwortlich. (Apa)