Neue Temperaturmessungen zeigen ein Feld in Farben: Wassergräben erweisen sich als besonders kühl (blau) und Straßen und Häuserdächer des Ortes als besonders warm (hellrot). Blaue Bänder, die die grüne Fläche links unten durchziehen, deuten auf Grundwasser, das die Wärme von der Oberfläche wegleitet, hin.

Grafik: Der Standard/TU Braunschweig
Falkenberg - Man sieht nichts; das macht die Entdeckung so interessant. Die Sonne scheint auf alle Felder gleich stark oder schwach, doch ohne äußere Anzeichen kann die Temperatur des Erdbodens von einem Meter zum nächsten um zehn Grad Celsius oder mehr variieren. Das haben Wissenschaftler um Jens Bange von der Technischen Universität Braunschweig festgestellt.

Mit Flugzeugen und Hubschraubern haben die Forscher ein 400 Quadratkilometer großes Gebiet bei Falkenberg in Brandenburg vermessen. Das Bild zeigt einen einige Quadratkilometer großen Ausschnitt, die Temperaturen sind in Farben übersetzt. Wassergräben erweisen sich als besonders kühl (blau) und Straßen und Häuserdächer des Ortes hingegen als besonders warm (hellrot - siehe Abbildung rechts).

Barfuß spürbar

Doch auch Felder können sich aufheizen, wie der kaum bewachsene, gelblich eingefärbte Acker neben dem Dorf zeigt. "Die Unterschiede sind so groß, dass sie zuweilen auch barfuß spürbar sind", sagt Bange. Zum Beispiel haben Traktoren auf dem großen Feld oben regelmäßige Spuren hinterlassen, die wärmer sind als der Boden unter den Pflanzen. Und in dem Feld neben dem Wassergraben links unten durchziehen blaue Bänder die grüne Fläche. "Grundwasser leitet dort die Wärme von der Oberfläche weg", erklärt Peter Zittel von der TU Braunschweig. Zudem kühlten besonders feuchte Böden auch aus durch Verdunstung. Verschiedene Sorten Dünger können ebenfalls für unterschiedliche Erwärmung sorgen.

Für Landwirte dürften die Ergebnisse überraschend kommen. Möglicherweise lassen sich Ertragsunterschiede auf ihren Feldern auf Temperaturunterschiede zurückführen. "Die Messung enthält aber auch eine Herausforderung für Meteorologen und Klimaforscher", sagt Zittel. Sie müssten nun überprüfen, ob ihre Messstationen auf Wärme- oder Kälteinseln stehen.

Die Lufttemperatur und der lokale Wind werden durch einen warmen Boden verändert. Auch Klimamodelle gehörten auf den Prüfstand, erklärt Zittel. Zurzeit gehen die Temperaturen des Erdbodens als durchschnittliche Pauschalgrößen in die Computermodelle ein. Diese "Parametrisierungen" müssten nun mit den wirklichen Bodentemperaturen verglichen werden. Weiteren Messkampagnen sollen nun zeigen, wie sich die Bodentemperaturen über längere Zeit entwickeln. (Axel Bojanowski/DER STANDARD, Printausgabe, 21.7.2004)