Nach monatelangem Brodeln in der Gerüchteküche liegt nun erstmals eine konkrete Verdachtslage auf dem Tisch: Ein eher Spätberufener aus dem Priesterseminar in St. Pölten soll auf seinem Computer kinderpornografische Aufnahmen en masse gespeichert, also besessen haben. Das haben die Ermittlungen der Polizei ergeben und hat die Justiz dazu veranlasst, einen Strafantrag einzubringen. Der Beschuldigte wird also auf der Anklagebank Platz nehmen müssen.

"Gottes eherne Faust"

Dass Bischof Kurt Krenn die Gelegenheit für eine Entlastung seiner Diözese gleich am Schopf packt und den Beschuldigten aus dem Seminar wirft, ist wohl wieder ein Indiz für "Gottes eherne Faust", wie Hubert Wachter schon vor mehr als zehn Jahren sein Buch über Krenn titelte. Aus der Sicht des Kirchenfürsten freilich ist die Reaktion nachvollziehbar. Wir haben den Bösewicht, jetzt wird alles wieder gut, lautet die frohe Botschaft.

Angriffe unter der Gürtellinie

Tatsächlich waren Krenn und einige seiner engsten Mitarbeiter in den vergangenen Wochen verstärkt mit Angriffen unter der Gürtellinie konfrontiert. Es ist wohl den unendlichen Tiefen eines Loches im bisher kaum vorhandenen Sommer zu verdanken, dass Kinderpornofall, schwule Beziehungen unter Priestern und die ewige Zölibatsfrage in einem Topf gelandet sind.

So legitim es ist, den Zustand der Kirche kritisch zu hinterfragen, so illegitim ist es, die Diskussion auf Teufel komm raus über strafrechtliche Einzelfälle zu entfalten. Wenn, wie vor kurzem, ein Richter unter Verdacht gerät, sich kinderpornografisches Material besorgt zu haben, wird ja auch nicht gleich dessen gesamter Berufsstand infrage gestellt.

Der Richter wie der Kirchenmann, jeder Beschuldigte muss sich verantworten. Und bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Urteils gilt im irdischen Reich die Unschuldsvermutung.