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SP-Chef Gusenbauer fürchtet, dass sich die FPÖ dem Druck der ÖVP beugen wird.

Foto: APA/Guenter R. Artinger
Wien - Empört zeigte sich SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer im APA-Interview über die jüngsten Aussagen von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) zum Thema Pensions-Harmonisierung. Erstens: es sei ausschließlich die Bundesregierung, die die Verantwortung für das vorgelegte Modell trage. Mit den Sozialpartnern sei ja keine Einigung zu Stande gekommen, weswegen es auch "nicht korrekt ist, wenn der Kanzler bei jeder kritischen Frage, die ihm gestellt wird, versucht, sich auf die Sozialpartner auszureden".

"Fern der Lebenssituation"

Und zweitens: "Es ist ganz offensichtlich, dass der Kanzler in der Pensionsfrage fern der Lebenssituation der Menschen ist." Sich aussuchen zu können, ob man mit 65 oder früher in Pension gehe, in diese Situation kämen nämlich viele Menschen erst gar nicht - entweder, weil sie gesundheitlich angeschlagen seien, oder weil sie keine Chance mehr am Arbeitsmarkt hätten.

Gusenbauer gegen Abschläge bei Schwerarbeiterregelung

Verärgert zeigte sich Gusenbauer über das Festhaltens Schüssels an den in der Schwerarbeiterregelung vorgesehenen Abschlägen. "Was er völlig übersieht, und zwar bewusst übersieht, ist, dass bei vielen Schwerarbeitern, die 60 Jahre alt sind und schon 45 Jahre gearbeitet haben, die gesundheitliche Beeinträchtigung schon so hoch ist, dass es sich nicht um eine Freiwilligkeit handelt." Er erinnere sich an viele Besuche in Betrieben, so der SPÖ-Chef, "bei denen viele gesagt haben, der Bundeskanzler soll einen Tag die Arbeit machen, die wir jeden Tag machen". Es sei "ungerecht", diesen Menschen Pensionskürzungen zuzumuten, betonte Gusenbauer. "Sie sollen abschlagsfrei in Pension gehen können - das ist die einzige Lösung."

Und wenn die FPÖ nun ebenfalls sage, die Schwerarbeiterregelung sei noch nicht zufriedenstellend, dann solle sie entsprechend handeln und der Vorlage im Ministerrat die nötig einstimmige Zustimmung verweigern. "Großes Vertrauen habe ich hier aber nicht - schließlich sind allen diesbezüglichen Ankündigungen der FPÖ in der Vergangenheit immer nur Umfaller gefolgt", so Gusenbauer.

"Keine frauenpolitische Sensibilität"

Das Nein Schüssels zu einem Pensionskorridor auch für Frauen "zeigt, dass er keinerlei frauenpolitische Sensibilität hat". Im derzeit noch niedrigeren Pensionsalter für Frauen sieht der SPÖ-Chef kein Problem. Dieses werde ja schrittweise angehoben und rund um diese Anhebung könnte jeweils der Korridor greifen. Liege das Pensionsalter bei 60, fange der Korridor bei 57 an, liege das Alter bei 63, beginn der Korridor eben für die 60-Jährigen. "Das wäre die analoge und gerechte Vorgangsweise", betonte der SPÖ-Vorsitzende.

Die SPÖ will in den kommenden Wochen vor allem die breite öffentliche Auseinandersetzung mit dem von der Regierung vorgelegten Harmonisierungsmodell suchen. "Der öffentliche Auseinandersetzungs-Prozess ist das Entscheidende", sagte Gusenbauer. Es gelte vor allem den ASVG-Versicherten, also den Arbeitern und Angestellten, "klar zu machen, dass hier (nach der Pensionsreform 2003, Anm.) eine zweite Pensionskürzungswelle auf sie zukommt". (APA)