Wien - Die Ankündigung von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, an seinem eingeschlagenen Kurs bei der Pensionsharmonisierung festhalten zu wollen, stößt bei ÖVP-Gewerkschaftern und beim Koalitionspartner auf Kritik. So droht Jörg Haider damit, die FP könne die Zustimmung zur Zusammenlegung von Polizei und Gendamerie verweigern, sollte die Schwerarbeiter-Regelung nicht verändert werden.

Schüssel hielt am Samstag im ORF-Radio erneut dagegen: Die Schwerarbeiter-Regelung und der Pensionskorridor sei ein "vernünftiges Angebot", das nun zur Diskussion stehe. Diese beiden Angebote für einen Pensionsantritt vor dem 65. Lebensjahr seien auf Vorschlag der Sozialpartner und im Einvernehmen mit dem Koalitionspartner FPÖ in das Regierungsmodell aufgenommen worden.

Entgegenkommen bei den Beamten

Entgegenkommen zeigte der Kanzler jedoch erstmals in der Frage der Beamten, die sich als Ausgleich für die Verschlechterungen im Pensionsrecht unter anderem höhere Einstiegsgehälter wünschen: Dort wo es tatsächlich vergleichbar niedrige Einkommensverläufe für die Jungen gebe, könne man "natürlich darüber reden", so Schüssel im ORF-Radio. Dies müsse in den jährlichen Gehaltsverhandlungen behandelt werden. Klar sei jedoch, so Schüssel, dass die Maßnahmen "vertretbar und finanzierbar" sein müssten.

Scheuch: "Erst jetzt Verhandlungen"

FP-Generalsekretär Uwe Scheuch hatte zuvor am Samstag erklärt, die FPÖ trete "jetzt erst in die Verhandlungen". Scheuch verwies auf das bevorstehende Begutachtungsverfahren und die parlamentarischen Verhandlungen - und gab sich optimistisch: "Schlussendlich wird es auch eine gute Lösung geben", so Scheuch. Als Opposition in der Koalition sieht er die FPÖ nicht, eher als "soziales Gewissen in der Regierung".

"Gesetze werden immer noch im Parlament beschlossen"

Die VP-Arbeitnehmer übten ebenfalls Kritik an der starren Haltung Schüssels: "Gesetze werden immer noch im Parlament beschlossen", sagte ÖAAB-Generalsekretär Werner Amon am Freitag. "Es kann nicht sein, dass die Regierung mit einer Vorlage kommt und sagt, daran kann kein Beistrich mehr geändert werden."

45 Beitragsjahre müssten immer genug sein, um ohne Abschläge in Pension gehen zu können, sagte Amon. FP-Generalsekretär Uwe Scheuch warf Schüssel eine "destruktive Haltung" vor. Der Kanzler solle aufhören, der FPÖ permanent "über die Medien seiner Meinung nach unverrückbare Standpunkte auszurichten. Die ÖVP hat nicht das Recht der reinen Lehre für sich gepachtet."

"Bei diesem Modell bleibt's"

In Schüssels Team sprach man vorerst nicht von Nachbesserungen. "Ich glaube, dass der Bundeskanzler völlig zurecht sagt: Auf dieses Modell haben wir uns geeinigt und bei diesem Modell bleibt's", sagte Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat bei einer Pressekonferenz mit Sozialstaatssekretärin Ursula Haubner (FPÖ). In der strittigen Frage der Schwerarbeiterregelung legten sich beide nicht fest.

Auch Wirtschaftsminister Martin Bartenstein wich der Frage, ob die Schwerarbeiter-Regelung noch verhandelbar sei, in der ZiB-3 in der Nacht zum Samstag wiederholt aus: Sie gehöre aber für ihn zu den "Eckpunkten" der in vielen Verhandlungsrunden paktierten Gesamtreform: "Und Eckpunkte lassen sich bekanntlich nicht ganz leicht verrücken."

Es sei bei den jährlichen Abschlägen für Schwerarbeiter im Fall eines vorzeitigen Pensionsanatritts ohnehin bereits zu einer Reduktion auf mittlerweile drei Prozent gekommen sei: "Die wurde vereinbart und die soll es geben."

FP-Haider droht

Womit Jörg Haider jedoch nicht einverstanden ist: Der ließ Schüssel ausrichten, die FPÖ werde dem Exekutivdienstgesetz mit der Zusammenlegung von Polizei und Gendarmerie erst zustimmen, wenn ihre Forderungen für Schwerarbeiter realisiert sind.

Die FPÖ fordert, dass Schwerarbeiter ohne gröbere Abstriche weiterhin mit 60, beziehungsweise 55 Jahren in den Ruhestand gehen können. Gleichzeitig müsse die Frage eines früheren Pensionsantritts bei den Exekutivbeamten im Außendienst gelöst werden, meint Haider. Das derzeitige VP-Modell sieht vor, dass (noch zu definierende) Schwerarbeiter künftig bereits mit 60 statt 65 in Pension gehen können, dabei aber drei Prozent Abschlag pro Jahr in Kauf nehmen müssen.

VP-Klubchef Wilhelm Molterer signalisiert im STANDARD-Gespräch ein gewisses Abgehen von der harten Linie. Es werde noch "eine intensive Debatte im Parlament geben", meinte Molterer: "Jetzt waren einmal die Verhandlungen mit den Sozialpartnern. Die sind lange gemeinsam gelaufen, knapp vor Schluss sind dann nur zwei über die Ziellinie gelaufen. Die Regierung muss nun einmal den Begutachtungsentwurf machen und dann ist das Parlament am Zug. Wir werden einen breiten Konsens suchen, aber: Vor der Verantwortung der Entscheidung werden wir uns sicher nicht drücken." (red/APA/Teletext/kob, pm - DER STANDARD, Printausgabe, 17./18.7.2004)