Grafik: STANDARD/ Quelle: HDR 2004 für '02
Wien - Skandinavier müsste man sein - gilt für diejenigen, die sich ein langes und finanziell erfülltes Leben wünschen. Denn in Norwegen und Schweden lebt es sich - statistisch gesehen - am besten. Ein Norweger wird durchschnittlich 79 Jahre alt, erwirtschaftet umgerechnet 29.000 Euro im Jahr, die Wahrscheinlichkeit, das 65. Lebensjahr zu erreichen, liegt bei 87 Prozent. Mit diesen Werten ist Norwegen laut UNO die Nummer Eins in punkto menschliche Entwicklung. Ganz anders im afrikanischen Sierra Leone: Dort wird man durchschnittlich 34 Jahre alt, die Chance 65 zu werden, steht 1:5.

Die Zahlen stammen aus dem von der UNO erstellten "Bericht über die menschliche Entwicklung 2004" (Human Development Report - HDR), der sich heuer besonders der Frage der sozialen Verteilungsgerechtigkeit und der kulturellen Freiheit widmet. Im Zentrum des Donnerstag in Brüssel veröffentlichten Berichts mit dem Titel "Kulturelle Freiheit in unserer Welt der Vielfalt", steht die Analyse gesellschaftlicher Ungleichheiten, unter besonderer Berücksichtigung von ethnischen und religiösen Minderheiten.

Ausgrenzung

Die Erkenntnisse sind erschreckend: Fast 830 Millionen Menschen, die einer Minorität angehören, sind von politischer und sozialer Ausgrenzung betroffen. Die Folgen für die Betroffenen sind Armut und Unterentwicklung, steht im HDR. In Australien liegt die Lebenserwartung der Aborigines 20 Jahre unter jener der weißen Mehrheit. Ähnlich hoch sind die Differenzen zwischen indigener Bevölkerung und Mehrheitsschicht in Kanada und Südamerika.

Ein skurriles Beispiel auch aus Rumänien: Der Lebensstandard der Roma-Minderheit entspricht jenem in Botswana, womit die Gruppe auf Platz 130 in der UN-Wertung über die menschlichen Entwicklung landen würde. Die rumänische Mehrheitsbevölkerung liegt auf Rang 72.

"Wir haben den HDR dem Thema Diskriminierung gewidmet, um Politikern die fatalen Folgen von Ausgrenzung zu zeigen", sagt Sakiko Fukuda-Parr, die Direktorin und Hauptautorin des HDR, im STANDARD-Interview. Auf die Frage, ob der HDR politisch etwas verändern könne, lacht sie nur, meint aber dann, dass der Wert des Berichts in der Beschreibung von Modellen liege, die Ausgrenzungen erfolgreich beseitigt haben.

Österreich auf Rang 14

Tatsächlich enthält der HDR viele Lösungsmodelle. Betont werden die Vorteile des Verhältniswahlrechtes im Gegensatz zum Mehrheitswahlrecht, in denen Minderheiten wegen des "the winner takes it all"-Prinzips politisch oft leer ausgingen. Gefordert werden weiters spezielle Fördermaßnahmen und eine verstärkte Einbürgerungspolitik.

Beim Ranking der meistentwickelten Länder (siehe Grafik) konnte sich Österreich auf Platz 14 verbessern, 2003 war es noch Rang 16. In punkto Ressourcenverteilung ist Österreich übrigens mit einem "Gini"-Index von 30 im vorderen Mittelfeld des Ländervergleichs.

Der Gini-Index misst auf einer Skala von Null bis 100, wie das Einkommen in einer Gesellschaft verteilt ist. Bei einem Wert von Null herrscht perfekte Gleichheit, 100 bedeutet totale Ungleichheit - also ein Mensch erhielte alles. Mit 24,4 hat Ungarn vor Japan den niedrigsten Gini-Index. (DER STANDARD, Printausgabe, 16.7.2004)