STANDARD: Im Vorfeld des nächsten Mittwoch stattfindenden Opec-Treffens in Wien fahren die Ölpreise auf hohem Niveau zickzack. Gibt es Aussicht auf nachhaltige Entspannung an der Preisfront oder müssen wir uns auf anhaltend teures Erdöl einstellen?

Schalk: Zwei wesentliche Faktoren für die derzeit hohen Ölpreise sind die unsichere politische Lage in Saudi-Arabien und Irak sowie der stark steigende Ölbedarf in China und Indien. Diese Effekte werden voraussichtlich noch in diesem Jahr anhalten, so dass mit einer kurzfristigen Entspannung auf dem Ölmarkt eher nicht zu rechnen ist.

STANDARD: Lässt sich mit Spritverkauf noch Geld verdienen?

Schalk: Heuer ist ein schwieriges Jahr. 2002 und 2003 konnte die Branche den Absatz noch steigern. Jetzt sind wir erstmals mit rückläufigen Mengen konfrontiert.

STANDARD: Woran liegt das?

Schalk: Zum einen an der EU-Osterweiterung. Da hat es vorher eine Einfuhrbeschränkung gegeben mit maximal 200 Liter. Die ist gefallen, deshalb tanken jetzt sehr viele Lkw nicht mehr in Österreich.

STANDARD: Obwohl Treibstoffe zumindest derzeit bei uns weniger kosten als in den meisten umliegenden Ländern?

Schalk: Die Frächter nutzen ihre Homebase und fahren von dort zentral weg. In Österreich zu tanken ist für sie auch deshalb nicht mehr interessant, weil die Mehrwertsteuerrückvergütung mit 1. Mai weggefallen ist.

STANDARD: Es heißt, das Tankstellennetz in Österreich sei zu dicht, deshalb seien auch die Treibstoff-Nettopreise (abzüglich Steuern und Abgaben, Anm.) höher als anderswo.

Schalk: Bei den Abgabepreisen liegt Österreich im Europavergleich weit hinten, bei den Nettopreisen sind wir leicht über dem EU-Durchschnitt. Wir liegen an Position fünf von 15 EU-Ländern. Ein Grund dafür ist die Topografie. Wir haben Berge, viele Täler, das macht die Versorgung teurer als anderswo.

STANDARD: Das allein kann´s ja nicht sein.

Schalk: Wir haben in Österreich höhere Umweltstandards, können im Gegensatz zu anderen Ländern jedoch in den Tankstellenshops nur eingeschränkt Waren verkaufen. Und ein vierter Punkt ist die Versorgungssicherheit. Es macht keinen Sinn, immer mehr Tankstellen aus dem Netz zu nehmen. Das würde zwar Kosten reduzieren, andererseits aber dazu führen, dass man in gewissen Gebieten 30, 40 Kilometer in eine Richtung fahren muss, um zu tanken.

STANDARD: Mit Verlaub: Die Schweiz hat auch viele Berge, Täler und hohe Umweltstandards. Und dass die Versorgung dort weniger sicher ist als bei uns, lässt sich ja auch nicht sagen. Und trotzdem haben die Schweizer tiefere Nettopreise.

Schalk: Fast jede zweite Tankstelle in der Schweiz ist unbemannt, die Personalkosten sind niedriger. Bei uns ist der Großteil der Tankstellen bemannt. Das macht´s teurer.

STANDARD: Also ein Schwenk zu unbemannten bei uns?

Schalk: Das glaube ich nicht. Die Bedienung direkt am Auto, wie wir sie früher hatten, gibt es auch bei uns kaum noch. Der Kunde will den Mehrpreis nicht zahlen.

STANDARD: Bemannt heißt?

Schalk: Dass es Bedienung im Shop gibt mit Abwicklung des Zahlungsverkehrs und Verkauf von Waren. Die Tankstelle hat auch eine Nahversorgerfunktion. Von da her glaube ich nicht, dass sich bei uns an der Grundstruktur etwas Entscheidendes ändert.

STANDARD: Sie müssten froh sein, dass es keine weitergehende, generelle Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten gibt. So bleiben Ihnen die Kunden im Tankstellenshop treu.

Schalk: Einkaufen hat auch mit Bequemlichkeit, Convenience zu tun. Erreichbarkeit und Abstellmöglichkeiten für das Auto sind wichtige Punkte. Sollten die Einkaufsmöglichkeiten am Abend oder am Wochenende erweitert werden, glaube ich nicht, dass wir Geschäft verlieren würden.

STANDARD: Sie wollen aber auch selbst mehr verkaufen dürfen im Shop?

Schalk: Wir würden das sehr begrüßen. Es würde in die Zeit passen, und es wäre auch für die Kunden eine feine Sache. (Günther Strobl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.7.2004)