Mit Die Zirkusprinzessin gelang es Emmerich Kálmán wieder einmal, der Schablone auszuweichen und eine einigermaßen ernst zu nehmende Geschichte zu bringen. Auch wenn die Vorgängerin, "Gräfin Mariza", hervorlugt. Was aber Regisseur Heinz Hellberg für seine Openair-Inszenierung in der Krieau mit Pferden, klasse Akrobaten, farbenfroher Lichtregie und effektvollen Kostümen zu nutzen versteht: Er rief die Ersten Wiener Operettenfestspiele aus. Egal, wie falsch die Identitäten allesamt sind: So verbirgt sich hinter der Maske des kühnen Mister X (männlich: Alexandru Badea) glanzvolle Vergangenheit. Früher hieß er Fürst Fedja Palinsky, wurde aber von seinem heiratslustigen Onkel nach Sibirien abkommandiert. Ausgerechnet im Zirkus trifft er auf Fedora Palinska, die jetzige Witwe des Onkels, der Ulrike Steinsky lebenskluge und elegante Züge verleiht. Der von Fedora brüsk zurückgewiesene Prinz Sergius Wladimir (Stephan Paryla-Raky) rächt sich. Miss Mabel Gibson, die amerikanische Hundedresseurin (Susanne Fugger) entpuppt sich als waschechter Wiener Fratz, was im Komiker Toni Schlumberger (Michael Seida) heimatliche Gefühle hervorruft. Man könnte streiten, ob neben dem Stilgemisch aus Walzer, Boston und Foxtrott auch das Wienerlied seinen Platz hat. Oder, dulliö, vielleicht nur dessen Parodie. Unter Gerhard Lagrange ließ die Wiener Strauß Capelle die Kálmánsche Instrumentationskunst aufblitzen. (henn/DER STANDARD, Printausgabe, 13.7.2004)