STANDARD: Haben Sie Ihren heurigen Urlaub über das Internet gebucht? Posnik: Nein, weil ich mich heuer auf eine versteckte Alm in Osttirol zurückziehe und der Vermieter in keinem Onlineverzeichnis zu finden ist. Ansonsten verwende ich das Internet aber regelmäßig, um meine Reisen zu organisieren.

STANDARD: Man hat den Eindruck, dass kaum eine Branche so stark vom Internet beeinflusst wurde wie der Tourismus. Wie sieht Ihre Zwischenbilanz aus?

Posnik: Die entscheidenden Veränderungen in den 90er-Jahren wurden tatsächlich durch die neuen Kommunikationstechnologien ausgelöst. Die gesamte Tourismusbranche hat sich innerhalb relativ kurzer Zeit so dramatisch gewandelt, dass das Internet heute als integrierter Bestandteil des Marketing gesehen wird. Es zu ignorieren kann sich heute niemand mehr leisten.

STANDARD: Wie weit ist der österreichische Tourismus denn internetmäßig schon erschlossen?

Posnik: Österreich ist im internationalen Vergleich schon erfreulich weit vorne, auch bei Betrieben, von denen man das nicht sofort vermuten würde. Beispielsweise sammeln sich unter dem Titel "Urlaub am Bauernhof" viele kleine Betriebe, die ihr Angebot aber dennoch fast flächendeckend online präsentieren.

STANDARD: Welche Herausforderungen kommen auf die heimischen Unternehmen dabei zu?

Posnik: Den Betroffenen muss klar werden, dass es nicht mehr reicht, nur über eine Website präsent zu sein. Man sollte mittlerweile auch Onlinebuchungen anbieten. Außerdem muss noch wesentlich mehr im Bereich des Kundenmanagements getan werden. Wir erleben gerade den Beginn eines neuen Wettbewerbs, bei dem Intelligenz und Effizienz von Promotions und Kooperationen über die Gewinner entscheiden werden.

STANDARD: Gibt es schon Vorzeigebeispiele?

Posnik: Ein Paradebeispiel ist Lech. Dort sind nicht nur alle Betriebe im Internet vertreten, das Tourismusbüro kann Gäste auch direkt über ein gemeinsames Computersystem einbuchen. Darüber hinaus werden Kooperationen mit Unternehmen organisiert, bei denen für die Mitarbeiter günstigere Bedingungen in den Unterkünften vor Ort ausgehandelt werden.

STANDARD: Das Internet wird allerdings von Tourismusbetrieben nicht vorbehaltlos positiv gesehen. Manche meinen, dass durch die Möglichkeit zum schnellen Vergleich vor allem das Preisniveau gedrückt wird.

Posnik: Natürlich erwarten sich viele User, dass sie im Internet günstige Preise bekommen. Das heißt aber nicht, dass sie den billigsten Preis auch nehmen. Sie wollen eben wissen, wo sie liegen. Das Internet ist nur insofern ein gnadenloses Medium, dass alles schneller und stärker transparent wird. Für einen Anbieter ist es wichtig, sich nicht nur über den Preis zu vermarkten, sondern interessante Pakete zu schnüren. In Billigpreisbörsen zu werben kann meiner Ansicht nach nur eine Strategie für Zeiten mit schlechter Auslastung sein.

STANDARD: Sie leiten das österreichische Kompetenznetzwerk für E-Tourism (ANET, siehe unten stehenden Bericht). Sind Betriebe aufgeschlossen für eine Zusammenarbeit mit der oft als abgehoben wahrgenommenen Forschung?

Posnik: Wir haben gerade erst begonnen, weshalb viele Betriebe von uns eigentlich noch gar nichts wissen. Bei einzelnen Einrichtungen wie der Österreichischen Hoteliervereinigung ist das Angebot aber bereits auf ziemlich fruchtbaren Boden gefallen. Sie ist konkret an der Entwicklung einer Software interessiert, die es ihren Betrieben ermöglicht, über eine einzige Schnittstelle möglichst viele Onlineplattformen zu aktualisieren. Unternehmen, die ihre Zimmer über verschiedene Websites anbieten, mussten die Kontingente bisher immer getrennt warten, was einen hohen Wartungsaufwand bedeuten kann.

STANDARD: Welche Schwerpunkte hat sich das Kompetenznetzwerk vorgenommen?

Posnik: Generell wollen wir mit unseren drei Knotenpunkten in Tirol, Salzburg und Niederösterreich sehr gezielt Fragestellungen aus der Praxis nachgehen. An der Donau-Universität in Krems beispielsweise wird an Erfolgsfaktoren und Messgrößen für den in Niederösterreich stark ausgeprägten Tages- und Ausflugstourismus gearbeitet. Ein weiteres Projekt wird sich mit mobilen Geräten wie Handys oder Taschencomputern (PDA) beschäftigen und untersuchen, wie sie in Tourismusmarketing und Kundenbindung integriert werden können. Interessant erscheinen uns auch Internet-basierte Empfehlungssysteme, mit denen man einem potenziellen Gast die zu seinem Interessenprofil passenden Angebote unterbreiten kann.

STANDARD: Wie kann verhindert werden, dass kleine, nicht so finanzstarke Tourismusbetriebe, wie es in Österreich viele gibt, den Übergang zum E-Tourism verpassen? Posnik: Gerade im Internet spielt die Betriebsgröße keine Rolle, weil die Kosten überschaubar sind. Der Urlaub am Bauernhof kann genauso attraktiv dargestellt werden wie ein Viersternehotel. Eigentlich verteilt das Internet die Chancen wieder neu. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12. 7. 2004)