Den Haag - Der Internationale Gerichtshof in Den Haag (IGH) übt eine Art Wächterfunktion für die Vereinten Nationen aus. Die 15 Richter haben zwei Hauptaufgaben: zum einen bei Streitigkeiten zwischen Staaten Urteile zu fällen und zum anderen Rechtsgutachten in aktuellen Fragen des Völkerrechts abzugeben, wie am Freitag zur israelischen Sperranlage. Der IGH nahm seine Arbeit 1946 auf. Er ist das Nachfolgeorgan des ständigen internationalen Gerichtshofs des Völkerbundes. In den fast 60 Jahren seiner Existenz hat er 79 Urteile bei Streitigkeiten zwischen Staaten gefällt und 24 Gutachten erstellt.

Die Urteilssprüche des IGH bei zwischenstaatlichen Konflikten sind für die Streitparteien bindend. Eine Berufung ist nicht möglich. Das Richtergremium fällt seine Entscheidung dabei auf der Grundlage des Völkerrechts. Der UNO-Sicherheitsrat hat das Recht, diese Urteile durchzusetzen. Im Gegensatz dazu haben die Völkerrechtsgutachten - wie auch im Fall der israelischen Sperranlage - lediglich empfehlenden Charakter und sind nicht bindend. Nur die UNO-Vollversammlung und 20 weitere Organe der Vereinten Nationen können den IGH zur Abgabe eines solchen Rechtsgutachtens auffordern. Die Verfahren ziehen sich manchmal über Jahre hin.

Im Falle Israels hatte die Vollversammlung den Gerichtshof im Dezember zu einer juristischen Einschätzung aufgerufen. Die Länder der Europäischen Union hatten sich der Stimme enthalten. Wie die USA halten sie ein juristisches Verfahren zum Sperrwall für unangemessen und fordern eine politische Lösung des Konflikts.

Die 15 Richter des IGH werden jeweils in Fünfer-Gruppen für neun Jahre durch die UNO-Vollversammlung und den Sicherheitsrat bestimmt. Jedes Land kann höchstens einen Richter entsenden. Die Juristen sind keine politischen Vertreter ihres Heimatlandes, sondern werden als unabhängige Richter auf Grund ihrer Kenntnisse des Völkerrechts gewählt. Die Zusammensetzung des IGH soll "die wichtigsten Zivilisationsformen und die Hauptrechtssysteme der Welt" repräsentieren. (APA)