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Foto: REUTERS/Paul Hackett
London - Das wegen seiner Echtheit heftig umstrittene Gemälde "Junge Frau am Virginal" von Johannes Vermeer (1632-1675) sorgte bei Sotheby's in London für eine kleine Sensation: Das nur 20 mal 25 Zentimeter große Bild des holländischen Meisters wurde nach einem heftigen Bietergefecht am Mittwochabend für 24,26 Millionen Euro einem anonymen Käufer zugeschlagen. Damit wurde der Schätzpreis von 4,5 Millionen Euro um mehr als ein Fünffaches übertroffen.

Raphael folgte nach

Eine erst kürzlich entdeckte Zeichnung des italienischen Renaissancemalers Raphael ist am Donnerstag in London für umgerechnet 268.800 Euro versteigert worden. Nach Angaben des Auktionshauses Sotheby's erhielt ein privater Bieter aus den USA den Zuschlag. Die bis dahin unbekannte doppelseitige Zeichnung mit dem Titel "Kopf eines Kindes" war im Mai per Zufall von einer Kunstexpertin des Auktionshauses in einer Mappe mit unbedeutenden italienischen Zeichnungen gefunden worden. "In dem Moment, als ich den Kinderkopf sah, wusste ich, dass sie von Raphael ist", sagte die auf Alte Meister spezialisierte Christiana Romalli nach früheren Berichten. Die unsignierte Zeichnung war nach eingehender Untersuchung von der Londoner National Gallery für echt erklärt worden. Sie stammt ungefähr aus dem Jahr 1505, als Raphael 22 Jahre alt war. Mehr als 100 Jahre hatte sie unentdeckt in der Mappe gelegen.

Vermeer und Zweifel

Zum Millionenerlös für den Vermeer sagte Sotheby's Experte Gregory Rubinstein: "Ich bin hocherfreut, dass der Markt die Begeisterung der Experten teilt". Insgesamt sieben Interessenten hatten laut Sotheby's für das Werk geboten. Als der Hammer fiel, hatte der "kleine Vermeer" den dritthöchsten Preis erreicht, der jemals weltweit für einen Alten Meister erzielt wurde. Zum letzten Mal war 1921 ein Gemälde von Vermeer zur Auktion gekommen, aber nicht versteigert worden. "Es ist höchstwahrscheinlich, dass in Zukunft nie wieder ein Vermeer zur Auktion gelangt", schrieb der "Guardian" (Donnerstagausgabe). Von dem holländischen Meister, der mit 43 Jahren starb, sind insgesamt nur 36 Werke überliefert. Das Gemälde, das eine junge Frau an einem Musikinstrument sitzend zeigt, war das letzte Werk von Vermeer, das sich noch in Privatbesitz befand.

Expertenstreit

Um die Echtheit des Gemäldes hatte es einen jahrelangen Expertenstreit gegeben. Erst vor wenigen Monaten schrieb eine achtköpfige Expertenkommission das Bild eindeutig Vermeer zu. Es war in Verruf geraten, nachdem der Meisterfälscher Han van Meegeren zugegeben hatte, während des Zweiten Weltkriegs sieben gefälschte Vermeers an Sammlungen in alle Welt verkauft zu haben. Der belgische Baron Frederic Rolin hatte das Gemälde 1960 in London dennoch gegen vier Werke von Klee, Bonnard, Signac und Riopelle getauscht und es 1993 zu Rubinstein gebracht. Es hatte sich zuvor vorübergehend im Besitz des irischen Sammlers Alfred Beit befunden.

Bei den akribischen wissenschaftlichen Analysen wurde das kaum DIN A4-große Bild mit anderen Vermeers in der Londoner National Gallery verglichen. Experten der Universität London nahmen umfangreiche Farb- und Leinwandanlysen vor. Schließlich wurde das Gemälde von Martin Bijl vom Rijksmuseum in Amsterdam restauriert. Nach Ansicht der Experten sprach für einen echten Vermeer zum Beispiel die Verwendung von Ultramarin, hergestellt aus dem teuren Lapislazuli.

Während andere Maler die wertvollen blauen Pigmente nur an auffälligen Stellen einsetzen, verwendete es Vermeer auch als Grundlage. Für Zweifel an der Echtheit des Bildes hatten unter anderem qualitativ angeblich nicht an Vermeer heranreichende Partien in dem gelben Schal der jungen Frau gesorgt. Im Vergleich zu ihrem Rock hielten Kunstexperten die Falten des Schals für "wenig differenziert" gemalt.

Rubens bleibt Spüitzenreiter

Die Liste der teuersten Gemälde Alter Meister wird nach wie vor von Peter Paul Rubens angeführt, dessen Bild "Massaker an den Unschuldigen" vor zwei Jahren ebenfalls bei Sotheby's in London für 77 Millionen versteigert worden war. Der Gesamterlös der Auktion Alter Meister vom Mittwochabend betrug laut Sotheby's 44,5 Millionen Euro. (APA/dpa)