Es ist nichts zu loben, nichts zu verdammen, nichts anzuklagen, aber es ist vieles lächerlich; es ist alles lächerlich, wenn man an den Tod denkt." - So sprach Thomas Bernhard in seiner Dankesrede anlässlich der Verleihung des Staatspreises für Literatur 1968 und fügte noch einige Bemerkungen über die gar nicht fromme Denkungsart der Österreicher an, die jedoch im allgemeinen Tumult untergingen.

Der damalige Unterrichtsminister Theodor Piffl-Percevic verließ türenschlagend den Saal, ein ganzes Land schrie auf. Wenn es um das Ende geht, will das österreichische Gemüt keinen scharfen Gedanken darauf verwenden, sondern flüchtet in ein Räsonieren, dessen ängstlich-erwartungsbanger Ton eher der ersten Verliebtheit als dem letzten Abschied angemessen ist.

Dieser wird auch beibehalten und verstärkt, wenn es an die Veröffentlichung eines Aktes geht, der eigentlich im Privaten belassen bleiben sollte: dem Sterben einer prominenten Person.

Wie das dann klingt, konnte man in den letzten Tagen Thomas Klestils hören, als ein Moll-Tremolo angestimmt wurde, in dem echte und falsche Betroffenheit hart an blanke Pietätlosigkeit schrammten. Der delikaten Aufgabe, ihrer Berichterstattungspflicht nachzukommen und dabei einen gleich bleibenden Abstand zur - besonders für die Angehörigen - schmerzhaften Peinlichkeit zu wahren, waren vor allem die ORF-Redakteure umso weniger gewachsen, je deutlicher sich das Ende des Bundespräsidenten abzeichnete.

Der Leiter des Ärzteteams, das bis zuletzt mit allen Kräften um Klestils Leben kämpfte, stimmte in diesen Chor kräftig ein. So wurden noch vor Klestils Ableben ungeniert die Vorbereitungen für etwas getroffen, das der Österreicher "a schöne Leich'" nennt - und zwar von uns allen. Naturgemäß, würde Thomas Bernhard wohl sagen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8.7.2004)