Buenos Aires/Prag - die großen US-Zeitungen haben über den Tod von Bundespräsident Thomas Klestil berichtet. Die "New York Times", die "Washington Post" und die "Los Angeles Times" druckten in ihren Mittwoch-Ausgaben einen ausführlichen Nachruf und eine Bilanz der Amtszeit ab, die von der US-Nachrichtenagentur AP verfasst worden war.

"Der österreichische Präsident Thomas Klestil, der Ruhe in das Amt gebracht hat, welches von der Kontroverse um die Vergangenheit seines Vorgängers in der Nazi-Armee erschüttert worden war, ist am 6. Juli gestorben. (...) Klestil wurde von vielen geschätzt, weil er nach den Enthüllungen über die Zeit seines Vorgängers Kurt Waldheim im Dienst der Nazi-Armee die Glaubwürdigkeit Österreichs wiederherstellte. Präsident Klestil hat sich abgesetzt (von Waldheim, Anm.), indem er mehrmals öffentlich Österreichs Mittäterschaft im Zweiten Weltkrieg verurteilt hat, und bei einem Besuch in Israel während seiner ersten Amtsperiode seine Sympathie für Holocaust-Opfer ausdrückte.

Obwohl das österreichische Präsidentenamt ein weitgehend zeremonieller Posten ist, hat er die Verbindungen seines Landes mit den neuen Demokratien in Osteuropa gestärkt und ab 1993 ein jährliches Treffen der Staatschefs der mitteleuropäischen Länder veranstaltet. Aber er fand sich später im Strudel politischer Probleme, als er mit der rechts stehenden FPÖ focht, die mit ihrer populistischen Anti-Einwanderer-Rhetorik an Beliebtheit gewann.

Obwohl Klestil von Österreichs konservativer ÖVP für die Präsidentschaft nominiert worden war, kam es später zum Clash mit Parteichef Schüssel, und die Partei hat sich von ihm abgewandt. Die politischen Differenzen zwischen den beiden betrafen auch Klestils Opposition gegen die Regierungsbeteiligung der FPÖ bei der Koalitionsbildung 2000. Klestil gab nach, aber die Fotos von Klestils steinerner Miene bei der Angelobung von FPÖ-Mitgliedern sprachen Bände über seine Ablehnung, dass jene mit ausländerfeindlichen und in der Vergangenheit anti-jüdischen Positionen die Regierungsverantwortung teilen.

Kritiker haben Klestil gelegentlich vorgeworfen, die zeremoniellen Grenzen seines Amtes zu überschreiten. Aber er war ein effizienter Präsident, und 1995 - während seiner ersten Amtsperiode - trat Österreich der Europäischen Union bei. Als die EU Österreich wegen der Regierungsbeteiligung der FPÖ sanktionierte, nützte er seine diplomatischen Fähigkeiten und betrieb Lobbying bei den Staatschefs, die Sanktionen sieben Monate nach ihrer Verhängung wieder aufzuheben.

Die größte argentinische Tageszeitung, "Clarin"

"Klestils Herz hat nur 36 Stunden vor seinem programmgemäßen Ausscheiden aus dem Amt zu schlagen aufgehört." Sein Nachfolger Heinz Fischer sei von der Nachricht "sehr berührt" gewesen und habe Klestil mit den Worten, dass dieser "seine Pflicht bis zum letzten Augenblick erfüllt habe" gewürdigt.

"La Nacion" aus Buenos Aires:

Klestil habe sich am Dienstag bereits in nahezu aussichtslosem Zustand befunden. Das Blatt hatte wie andere (etwa "Los Tiempos" aus Bolivien oder das uruguayische Internet-Portal "Espectador.com") den dramatischen Ereignissen in der Villa des 71-Jährigen am Montag und dem zweifachen Herzstillstand bereits in den Dienstag-Ausgaben breiten Raum eingeräumt.

Das brasilianische Blatt "Estadao"

Klestil ist ein Präsidenten, der "dem Amt nach den Turbulenzen um die Nazi-Vergangenheit seines Vorgängers (Kurt Waldheim; Anm.) wieder Ruhe verliehen" habe.

"Folha" und "A Tarde" "A Tarde" (Brasilien):

Wie die meisten lateinamerikanischen Medien räumen auch die Tageszeitung "Folha" und "A Tarde" dem Umstand, dass Klestil nur zwei Tage vor der Erreichung des Ruhestandes verstarb, besonderen Raum ein. "Folha" verweist neben zahlreichen anderen lateinamerikanischen Medien auf die langjährigen diplomatischen Erfahrungen Klestils.

"La Tercera" (Chile), "El Pais"(Kolumbien), "La Prensa"(Panama) und "El Nacional" (Venezuela):

Die Zeitungen berichten in ihren Meldungen zum Tod Klestils davon, dass dieser seine zweite Amtsperiode nicht mehr habe beenden können.

"El Pais"(Kolumbien), "El Universo"(Ecuador)

Das Blatt berichtet über die lange Krankengeschichte des "Straßenbahnersohnes, der als Diplomat Karriere gemacht" habe.

La Cronica de Hoy"(Mexiko) und "El Universal"(Venezuela):

"Österreich ist von der plötzlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Bundespräsidenten, der für diese Woche ein volles Programm - unter den diversen Akten auch die Übergabe des Amtes" gehabt habe, "völlig überrascht" worden.

Die rechtskonservative Tageszeitung "Lidove noviny" (Tschechien)

"In der österreichischen Politik wurde Thomas Klestil als ein Kritiker der gegenwärtigen Regierungskoalition berühmt, die von den ultranationalistischen Freiheitlichen und der ÖVP gebildet wird. 1994 ist ans Licht gekommen, dass er als Vater von drei Kindern ein außereheliches Verhältnis mit seiner um 20 Jahre jüngeren Assistentin Margot Löffler hat. Weder die Scheidung noch die neue Hochzeit haben Klestil jedoch geschadet. 1998 hat er den Präsidentensessel schon in der ersten Wahlrunde verteidigt."

Die linksliberale Tageszeitung "Pravo" (Tschechien)

Thomas Klestil sei bemüht gewesen, "überparteilich und als jemand, der verbindet und nicht trennt, aufzutreten. Im Jahre 2000 hat er erfolglos seine nicht sehr großen Vollmachten ausgeschöpft, um den Eintritt der Freiheitlichen von Jörg Haider in eine Regierung mit Bundeskanzler Wolfgang Schüssel zu verhindern. Ohne Vorbehalte hat er die EU-Erweiterung unterstützt und sich gegen jegliche Veto-Drohungen an die Adresse der Beitrittsstaaten gestellt. Man weiß, dass ihn eine langjährige Freundschaft mit dem ehemaligen Präsidenten Vaclav Havel verbindet. Gut kommt er auch mit (dem jetzigen tschechischen Staatspräsidenten) Vaclav Klaus aus. Dieser hat gesagt, Klestil sei einer der wenigen Amtskollegen, mit denen er per Du sei."

Die rechtsliberale Tageszeitung "Mlada fronta Dnes": (Tschechien)

"Als Bundespräsident war Klestil um eine aktive Außenpolitik und freundschaftliche Beziehungen mit den Nachbarländern bemüht. Unbeugsam hat er auch die Einbindung der ehemaligen kommunistischen Staaten in die EU unterstützt. Das größte Interesse der Öffentlichkeit hat sein Privatleben erweckt: seine Scheidung von seiner ersten Ehefrau Edith und die Hochzeit mit der langjährigen Mitarbeiterin und Diplomatin Margot Löffler, sowie seine langwierigen Krankheiten." (APA)