"Er ist der beste Wahlredner, den ich jemals gehört habe – einschließlich Bill Clinton", befand Clintons Wahlcoach James Carville enthusiastisch. Howard Fineman von Newsweek nannte den Senator aus dem Süden "eine wichtige politische Macht", und Jeff Greenfield von CNN schwärmte von seinem Charisma: "Es gibt keinen, der ihm das Wasser reichen kann."

Doch sind es nicht nur die Medien, die auf die Charmeoffensive des 51-jährigen Senators von North Carolina, der aussieht wie 35, so positiv reagieren, sondern auch viele Wähler: Das Team Kerry/Edwards könnte nicht nur für Demokraten, sondern auch für die extrem wichtigen Wechselwähler und sogar gemäßigte Republikaner attraktiv sein.

Die Botschaft von Edwards ist immer dieselbe geblieben: Es gebe "zwei Amerika", eines für die Privilegierten und eines für den Rest der Bevölkerung, und 35 Millionen Amerikaner lebten noch immer unter der Armutsgrenze.

Edwards könnte dem Wahlkampf des eher steif wirkenden demokratischen Kandidaten John Kerry, dem er in den Vorwahlen unterlag, wichtige Vorteile bringen: Anders als Kerry ist Edwards ein waschechter Populist, und anders als Kerry stammt Edwards aus einfachen Verhältnissen. Er war der Erste in seiner Familie, der studierte – und er kann als ein Paradebeispiel für den American Dream dienen, denn er hat es geschafft, sich vom Sohn eines arbeitslosen Mühlenfabrikarbeiters aus dem Süden der USA bis zum Multimillionär emporzukämpfen.

John Edwards wurde 1953 in Seneca, South Carolina, geboren. Seine Familie zog jedoch bald nach North Carolina, wo Edwards in dem kleinen Ort Robbins aufwuchs. Er studierte Jus an der North Carolina State University, wo er auch seine Frau Elisabeth kennen lernte. 1977 heirateten sie. Der älteste Sohn der beiden, Wade, kam 1996 bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Ihm hatte John Edwards, der sich mittlerweile als erfolgreicher Rechtsanwalt und Spezialist für Schadenersatzklagen etabliert hatte, versprochen, in die Politik einzusteigen. 1998 reüssierte er beim ersten Versuch, einen Senatssitz zu gewinnen.

Edwards hat auch eine gute Portion Humor: Er kündigte seinen Einstieg in den Wahlkampf in einer Comedy-Show ("The Daily Show with Jon Stewart") an, was ihm zwar Kritik einbrachte, aber auch eine große Anzahl von jungen Amerikaner für ihn einnahm.

Edwards, der schon mit elf Jahren in einem Schulaufsatz erklärt hatte, er wolle Rechtsanwalt werden, um "unschuldige Menschen vor blinder Justiz zu schützen", und seine Frau, die ebenfalls Anwältin ist, haben neben ihrem verstorbenen Sohn eine Tochter, Catharine, die soeben ihr Studium in Princeton beendet hat, und zwei "Nachzügler", die fünfjährige Emma Claire und den dreijährigen Jack. (DER STANDARD, Printausgabe, 7.7.2004)