Bild nicht mehr verfügbar.

Bundespräsident Thomas Klestil am 1. Juli bei seinem letzten öffentlichen Auftritt vor seiner Erkrankung. Langes Stehen bereitete ihm zuletzt starke Beschwerden.

Foto: AP
Der Notruf ereilte den ÖAMTC-"Christophorus"-Hubschrauber Montag früh in Eisenstadt um 8.37 Uhr: Das Team solle sich für einen möglichen Einsatz in Wien-Hietzing bereithalten. Beim Rückflug nach Wien kam dann die konkrete Anweisung: Herzstillstand bei einem prominenten Patienten, Landung umgehend.

Pilot Gerhard Trotzmüller bog nach Westen ab. Um 8.52 Uhr setzte er den Helikopter auf einem Sportplatz unweit der privaten Villa von Bundespräsident Thomas Klestil auf. Um 9.04 Uhr übernahmen Arzt Reinhard Malzer und Sanitäter Henrik Maszar Thomas Klestil. Malzer: "Er war zu diesem Zeitpunkt stabil, aber nicht bei Bewusstsein."

Der Flug ins Wiener Allgemeine Krankenhaus (AKH) dauerte drei Minuten. Klestil wurde zuerst auf die Unfallstation gebracht, dann auf eine eigens geöffnete Intensivstation verlegt, die laut AKH für die "ruhigeren Sommermonate" geschlossen worden war. Die Ärzte versetzten Klestil in künstlichen Tiefschlaf, um die Belastung für den Körper zu verringern und damit die Lunge zu stabilisieren. Nach Auskunft des ärztlichen Leiters des AKH, Reinhard Krepler, soll das Koma "mindestens 14 Tage dauern - selbst im günstigsten Fall".

Dramatik am Morgen

Thomas Klestil hatte sich Montag früh wie gewöhnlich für seinen Arbeitstag vorbereitet - um 10.30 Uhr stand ein Bilanzpressegespräch mit ausgesuchten Redakteuren in der Präsidentschaftskanzlei auf dem Programm. Wann genau der Herzstillstand eintrat, ist unklar. Bekannt wurde nur, dass die erste Reanimation durch die im Haus anwesenden Sicherheitsbeamten fehlschlug. Sie benutzen dafür einen so genannten Defibrillator - Klestil hat ein solches Elektroschockgerät zur Wiederbelebung sowohl in seiner Amtsvilla auf der Hohen Warte wie auch in seiner neuen Wohnstätte in Wien-Hietzing installiert.

Erst der gegen 8.15 Uhr über die Wiener Rettung verständigte Notarzt konnte den Präsidenten beatmen. Und erst im AKH gelang es, eine spontane Herzfunktion wieder herbeizuführen. Die Wiederbelebungsmaßnahmen zogen sich somit über rund zwanzig Minuten. Eine Schädigung des Gehirns können die Ärzte in Folge des Sauerstoffmangels nicht ausschließen.

Über die Ursache des Herzstillstands gibt es unterschiedliche Aussagen. Laut AKH-Leiter Krepler hat ein "Fehler in der Lungenfunktion" zum Herzstillstand durch Sauerstoffmangel geführt. Klestils Vertrauensarzt Wolfgang Graninger, ein Immunologe, bei dem Klestil aufgrund seiner Autoimmunerkrankung in laufender Behandlung ist und der auch die Gesamtaufsicht über seine Behandlung übernommen hat, sieht keinen Zusammenhang. "Der heutige Herzstillstand kam unerwartet. Das war ein plötzliches Ereignis, das auch andere Siebzigjährige befallen kann", sagte er dem ORF.

Aus aktuellem Anlass wies der Präsident der Österreichischen Ärztekammer, Reiner Brettenthaler, auf die ärztliche Schweigepflicht hin. Nationalratspräsident Andreas Khol hatte zuvor Kritik an der Art und Weise, wie die Öffentlichkeit über Klestils Erkrankung erfuhr, geübt. (to/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6.7.2004)