Giselle hat sichtlich abgenommen und tanzt einen Tango in den Armen von Mark Tompkins.

Foto: Girard
...Ballett "Giselle" in die Garderobe. "Song and Dance" und "Hommages" von Mark Tompkins


Der Star des Abends legt ab, Bühnentechniker dekonstruieren die Bühne, das Publikum sitzt auf der "falschen" Seite. Ein Kassettenrecorder trällert, das Kostüm ist beiseite gelegt, und doch ist es nicht Zeit, nach Hause zu gehen.

Stattdessen stülpt Mark Tompkins in Song and Dance das Theater um und schält einen fulminanten Abend voller Liebeserklärungen heraus. Was wird aus dem Tänzer, wenn das Spiel vorüber ist?

Schon im Vorjahr hat Mark Tompkins mit Song and Dance das Wiener Publikum begeistert. Dieses Jahr wird er wieder eine der repräsentativsten Bühnen der Stadt bespielen: das Akademietheater. Er verkörpert eine Diva, die weder in ein Travestievarieté noch in abgehobene Arroganz abgleitet. Vielmehr schafft er es, mit seinen wechselnden Kostümierungen und Songs einen Abend der Leichtigkeit und Melancholie zu zaubern.

Mit Liedern von George Gershwin, Bob Dylan oder auch Patti Smith manövriert er seine Figur durch den abklingenden Adrenalinrausch nach einem großen Theaterabend und verleiht dieser Performance jene Leichtigkeit, die sie braucht, um nicht gekünstelt zu wirken. Die Tigerleggings und High Heels am Körper des großen, knochigen Mannes verschieben die gängigen Vorstellungen vom ästhetischen Tänzerkörper.

Das Publikum indes sonnt sich im Schein der Privatheit. Sitzt es hier vielleicht nur einer geschickt inszenierten Verführung auf? Dabei lassen sich insbesondere all jene betören, die den Songs auch noch mit persönlichen Erinnerungen nachhängen. Und das ist das Wunderbare an Popkultur, sie funktioniert international in einer globalisierten Welt. (DER STANDARD, Printausgabe, 6.7.2004)