Frankfurt/Berlin - Mit den Personalentscheidungen des
FPÖ-Bundesparteitags vom Samstag befassen sich am Montag deutsche
Zeitungskommentatoren:
"Frankfurter Rundschau":
"In zähneknirschender Harmonie haben sich Österreichs
'Freiheitliche' voneinander verabschiedet, nachdem der Linzer
Sonderparteitag Jörg Haiders Statthalterin in der irdischen Welt der
Kompromisse an die Parteispitze gewählt hatte. Mit der
Haider-Schwester Ursula Haubner versucht eine bemühte Verwalterin als
Übergangslösung den Scherbenhaufen populistischer Versprechungen für
die Regierungspartei FPÖ zu kitten. Ihre bemühten Anspielungen auf
die Erfolge griechischen Teamgeistes im Fußball kamen in Linz weit
weniger gut an als die Brandreden des Rechtsaußen Ewald Stadler, der
wegen rumänischer Räuberhorden den Untergang des Abendlandes
prophezeite - soweit er es überblickt. Schon geht die nächste
FPÖ-Generation in die Startlöcher: Der neue Partei-Vize
Heinz-Christian Strache hat bereits die dumpfen Ressentiments der
Stammtische bedient. In zwei Jahren muss der Wiener FP-Chef Wahlen
bestehen. Früher oder später wird auch er gegen die eigenen Minister
opponieren. Doppelt bitter für Kanzler Wolfgang Schüssel von der ÖVP,
dass sich sein Traum von der Präsidentschaft der EU-Kommission
zerschlug und ihm ein rauschender Abgang aus dem österreichischen
Biotop versagt blieb."
"die tageszeitung" (taz):
"Revolutionen, so weiss man, finden meistens nicht statt, wenn sie
zu lange angekündigt werden. So blieb denn auch in Linz, wo die FPÖ
einen Sonderparteitag zelebrierte, die Rebellion des rechtsnationalen
Flügels aus. (...) Ursula Haubner beerbte formal den glücklos
agierenden Sozialminister Herbert Haupt, den sie de facto schon im
Oktober als 'geschäftsführende Parteiobfrau' abgelöst hatte. Die
Zustimmung von 79 Prozent fiel relativ schwach aus. (...) Bei den
Freiheitlichen gärt es. Während Bundeskanzler Schüssel und seine
Minister den unpopulären Regierungskurs ohne allzu große Schrammen
überstehen, wird die FPÖ von Wahl zu Wahl abgestraft. Um in der
Regierung etwas Glaubwürdigkeit zu bewahren, muss die FPÖ ein
gemäßigtes Image pflegen. Rabauken vom Schlage (Ewald) Stadlers, der
seinen Ruf als kampflustiger 'Dobermann' pflegt, erinnern an die
rechtsnationalen Ursprünge der Partei. Stadler will man dem
Koalitionspartner nicht zumuten. Er wurde mit dem Vorsitz der
Parteiakademie abgefunden. Ursula Haubners Warnungen vor 'einer
sektiererischen Hinrichtung zu einer reinen Lehre, die es in der
Sache nicht geben kann', klangen jedoch wie die Aufforderung zum
geordneten Rückzug. Die FPÖ befindet sich wieder auf dem Weg zu einer
lauten, aber politisch irrelevanten Sekte."
(APA)