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José Zapatero: Beim 35. Parteitag ein Kompromisskandidat, beim 36. mit 95,81 Prozent wiedergewählt.

Foto: Reuters/Andrea Comas
Madrid - Vier Jahre, nachdem José Luis Rodríguez Zapatero beim 35. Parteikongress als Kompromisskandidat mit nur neun Stimmen Vorsprung den seinerzeit logischen Favoriten José Bono geschlagen hatte, bestätigten Spaniens Sozialisten den Regierungschef am Wochenende mit 95,81 Prozent der Delegierten und keiner einzigen Gegenstimme in seinem Amt - ein Rekord, den nicht einmal Vorgänger Felipe González erreicht hat.

Im Gegensatz zu "meinem Vorbild und Freund" González verstand es der inzwischen schlicht mit dem zweiten Familiennamen als "Presidente Zapatero" Angesprochene, die Landesorganisationen und deren oft zerstrittene Führer für sein Projekt der "sanften Wende" zu begeistern: Ehemalige Kontrahenten baute er in die Regierungsmannschaft ein, Kontrahent José Bono verfechtet inzwischen als Verteidigungsminister enthusiastisch den Kurs des um neun Jahre jüngeren Premiers.

Der Bescheidenheit und Geduld predigende Premier legt ein Reformtempo vor, als wollte er die Spuren der achtjährigen Amtszeit von Vorgänger Aznar so schnell wie möglich beseitigen. "Es gibt Utopien", ließ er seine gebannt lauschenden Zuhörer wissen, "die es wert sind, geträumt zu werden."

"Reh Bambi"

Der bei den Parlamentswahlen am 14. März siegreiche Zapatero hat tatsächlich in Rekordzeit viele Wahlversprechen erfüllt: Der Rückzug der spanischen Truppen aus dem Irak wurde unter Bonos Oberbefehl innerhalb von drei Wochen vollzogen; was Zapatéro nicht hindert, Truppen für Friedenseinsätze in Afghanistan und Haiti bereitzustellen.

Der als nachgiebig, konfliktscheu, gar schwächlich beschriebene Vorsitzende, dem Alfonso Guerra, langjähriger Vertrauter und Stellvertreter von Felipe González, den wenig schmeichelhaften Spitznamen "Reh Bambi" verpasste, hat sich zum unangefochtenen Chefstrategen gewandelt.

Auf die Gefahr, das Verhältnis zur katholischen Kirche aufs Spiel setzen, will das zur Hälfte mit Frauen besetzte Kabinett Scheidungen erleichtern und das Klonen von Embryonen für therapeutische Zwecke genehmigen. Ab 2005 wird die Eheschließung zwischen Homosexuellen möglich sein, der Adoption von Kindern durch gleichgeschlechtliche Eltern steht nichts mehr im Weg. Ihr nächstes Reformpaket, ein Gesetz zur Bekämpfung der Gewalt in der Ehe, hat die Regierung bereits geschnürt. (man, DER STANDARD, Printausgabe 5.6.2004)