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Jörg Haider weiß am FPÖ-Parteitag, woher die Verluste kommen: "Wir sind sozusagen ein Betriebsunfall der Geschichte und haben uns bis heute nicht dem rotschwarzen System angepasst. Deshalb haben wir es so schwierig."

Foto: APA/Herbert Pfarrhofer
Wien - Der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider hat in seiner Rede am außerordentlichen Parteitag der Freiheitlichen in Linz der eigenen Partei die Leviten gelesen. Der Altparteichef warb in seiner knapp einstündigen Ansprache für die Regierungsbeteiligung und forderte die Delegierten auf, interne Streitigkeiten künftig bleiben zu lassen: "Ich halte es wirklich für falsch, wenn wir uns die Qual antun, Flügelkämpfe zu inszenieren." Eine Konzentration der Partei auf das nationale Lager lehnte Haider vehementest ab.

Die Freiheitlichen dürften kein "ideologischer Pflegeverein" sein, sondern eine an der Zukunft orientierte Partei: "Die FPÖ kann doch nur erfolgreich sein, wenn sie die Breite beachtet und offen ist für alle Wählerschichten."

Überhaupt: "Interne Auseinandersetzungen können wir uns nicht mehr leisten." Daher habe es die FPÖ selbst in der Hand, einen guten Neustart hinzulegen. Zwischen einer Ursula Haubner und einem Ewald Stadler oder einem Jörg Haider und einem Heinz-Christian Strache könne es doch nicht mehr Konfliktfelder geben als zwischen einem Wolfgang Schüssel und einem Hubert Gorbach oder zwischen einem Herbert Haupt und einem Fritz Verzetnitsch.

"Betriebsunfall der Geschichte"

Man müsse zur Kenntnis nehmen, daß man das freiheitliche Wollen klar formulieren, verinnerlichen und anstreben müsse. Es sei schwierig, gegen den Strom zu schwimmen, sagte Haider. Die FPÖ habe als Partei eine Ausnahmesituation. "Wir sind sozusagen ein Betriebsunfall der Geschichte und haben uns bis heute nicht dem rotschwarzen System angepasst. Deshalb haben wir es so schwierig." Die Grünen hingegen seien immer im System beheimatet gewesen.

Rücken frei haben

Die Arbeit der Regierungsmannschaft verteidigte Haider und forderte gleichzeitig die Partei auf, die Minister und Staatssekretäre zu unterstützen: "Wie sollen unsere Regierungsmitglieder einen Angriff gegen den politischen Gegner starten, wenn sie den Rücken nicht frei haben sondern sich ständig nach hinten verteidigen müssen." Auch müsse die FPÖ wieder lernen, dem Parteifreund mehr Glauben zu schenken als dem politischen Gegner.

Zur Regierungstätigkeit hielt der Landeshauptmann fest, vor allem dort sei die FPÖ erfolgreich, wo sie auch entsprechende Verantwortung trage. Die dabei erzielten Erfolge müssten aber besser verkauft werden. Wenn dann bei der Landtagswahl die gut arbeitende Vorarlberger Landesgruppe im September ein gutes Ergebnis einfahre, "dann sieht die Welt schon wieder anders aus."

Auch warnte Haider seine Parteifreunde davon, lieber einen Konflikt in der eigenen Partei vom Zaun zu brechen als inhaltlich tätig zu sein: "Das ist nicht die Regierungsverantwortung." Diese Rolle als Regierungspartei müsse ohnehin noch mehr verinnerlicht werden, kritisierte der Landeshauptmann, dass bei der vorangegangenen Rede von Vizekanzler Hubert Gorbach ein Drittel der Delegierten den Saal verlassen habe.

Etwas technisch

Allerdings war die Ansprache des Infrastrukturministers wirklich etwas technisch ausgefallen. Gorbach referierte in erster Linie über seine Tätigkeit als Ressortchef und kam erst am Ende zu Parteiagenden zu sprechen: "Durch Einigkeit stehen wir, durch Uneinigkeit fallen wir", bemühte Gorbach ein Sprichwort, um für eine geschlossene FPÖ zu plädieren. Nötig sei auch, dass der Transport der Leistungen besser werde.

Während der Applaus der Delegierten bei Gorbach zurückhaltend blieb, erhielt Haider trotz seiner tadelnden Worte für die Partei begeisterte Standing Ovations. (APA)

"Wir müssen in der Regierungsverantwortung ein Interesse daran haben, dieses System Schritt für Schritt aufzubrechen." Bis 1999 habe man die Kraft dazu gehabt. Beim Kammerzwang und bei der Arbeitnehmervertretung sei man nicht weitergekommen. "Warum sind wir so lahm geworden?" Auch in wesentlichen Bereichen der Medienpolitik habe man die Chancen nicht genützt. Das selbe spiele sich in den Sozialversicherungen ab.

Daher müsse man dem Regierungsteam Zuversicht geben. "Wie sollen unsere Regierungsmitglieder den politischen Gegner angreifen, wenn sie den Rücken nicht frei haben und sich ständig nach hinten verteidigen müssen?" Haider warnte davor, daß man bereits morgen versuchen werde, die Freiheitlichen über die Medien wieder auseinander zu dividieren. "Wir müssen dem eigenen Parteifreund mehr Glauben schenken als dem politischen Gegner." Es sei auch nicht verboten, sich über Erfolge zu freuen. Dieses Grundvertrauen sei besonders wichtig. "Wir sind stark, wenn wir selbst wollen. Aber wir müssen auch wollen. Unsere Erfolge müssen auch als unsere Erfolge verkauft werden", stellte Haider klar, wobei er besonders die Steuerreform hervorhob. Es stimme auch nicht, daß die FPÖ nur in der Opposition erfolgreich sein könne. Kärnten beweise das Gegenteil.

Die FPÖ habe keinen Grund, ihr Licht unter den Scheffel zu stellen. "Wir müssen von diesem Parteitag ausgehend alles tun, um neue Kraft anzusetzen", sagte Haider. Die Bundesregierung lebe von den freiheitlichen Ideen. Mögliche Todsünden müssten aber vermieden werden. Haider nannte hier die Entscheidung über die Abfangjäger.

Regierung sei kein Widerspruch zum Erfolg, sagte Haider. Die FPÖ werde dann erfolgreich sein, wenn sie viele soziale Gruppen zu ihrer Wählerschaft mache. Dies sei das Erfolgsrezept seit 1986 gewesen. Man könne nur erfolgreich sein, wenn man auch die Breite beobachte und für neue Wählerschichten offen sei. Die FPÖ müsse modern sei, nicht altbacken, standfest und nicht wankelmütig. Sie müsse eine zukunftsorientierte Partei sein. Die Vergangenheit könne nur das Fundament sein, aber die Zukunft sei die Pflicht. Haider sprach sich daher gegen die Qual der Flügelkämpfe aus.

Die FPÖ sei eine geschlossene Gesinnungsgemeinschaft, in der jeder seinen Platz habe, der das freiheitliche Programm als seine Überzeugung akzeptiere. Mit diesem Parteitag sei hoffentlich ein für allemal eine Diskussion beendet, wo einzelne sagen würden, wer ein guter und wer ein schlechter Freiheitlicher sei. Niemand habe ein Monopol auf Feststellung der ideologischen Reinheit der FPÖ. Die freiheitliche Bewegung habe eine stolze Tradition und sei wichtig, weil sie die richtigen Weichen für die Zukunft gestellt habe. "Wir haben die Zukunft zu bestellen und den Menschen Mut zu geben." Freiheitliche Politik müsse Antwortcharakter haben. "Wir sind nicht links, nicht rechts, wenn wir gut sind, sind wir vorne." Diese Gesinnungsgemeinschaft brauche Zukunftsglauben, Zuversicht und Hoffnung. "Unsere politischen Gegner haben schon zum Leichenschmaus 2006 eingeladen, aber der Sarg wird leer bleiben. Wir müssen diese FPÖ massiv zum Leben erwecken, weil sie notwendig ist für Österreich." Die neue Führung müsse ihre Chance bekommen. Die Funktionäre müssten bereit sein hinauszugehen, vor allem jene, die bezahlte Mandate hätten. Man müsse alle mit ins Boot holen. Haider zeigte sich erfreut über den Konsens im neuen Führungsteam. Die oft so kleinlichen internen Auseinandersetzungen könne man nicht mehr brauchen.

"Die Opposition hat von unserer Dummheit profitiert", kritisierte Haider. Jetzt wäre die Chance, die Unfähigkeit von Rot und Grün darzustellen und deren unglaubliche Forderungen zu entlarven. Man sollte keine Angst haben vor der Zukunft und alles investieren, um drittstärkste Partei zu bleiben. Durch die richtigen Konsequenzen habe man die Chance, den Vertrauensverlust der Wähler wieder zu reparieren. "Machen wir uns frei von den Belastungen der vergangenen Niederlagen. Es ist Zeit, die FPÖ wieder auf Erfolgskurs zu bringen." (APA)