Schicksalsmomente einer Prinzessin in "Shrek 2": "Ja, liebe Eltern, ich habe mich verändert. Darf ich euch jetzt aber euren Schwiegersohn vorstellen?"

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Der grüne Kraftlackel mit dem Esel ist wieder da. Und die glückliche hässliche Prinzessin - sowie, erstmals, ein gestiefelter Kater der etwas extremen Art. Kurz: Wer in den letzten Wochen nicht wusste, wohin mit den Kindern (und den Eltern) im Kino - der hat jetzt "Shrek 2".


Wien - Einer der besten Werbetrailer der jüngeren Filmgeschichte wurde leider nie gedreht. Wir haben ihn soeben erfunden, und er geht so: Ein Luxusbüro. Disney-Boss Michael Eisner, der soeben ins Telefon bellt: "Wer braucht schon Michael Moore! Fahrenheit 9/11 - dass ich nicht lache!" In dem Moment kommt die klassische Luxussekretärin bei der Lederpolstertür herein (sie könnte des komischen Effekts halber von Eddie Murphy gespielt werden) und sagt: "Mr. Eisner - und hier die Einspielergebnisse" - zuckersüßes Lächeln - "von Shrek 2!"

Man könnte dann per digitalen Trick Eisners Kinnlade um etwa 50 Zentimeter nach unten sacken lassen. Man könnte aber auch - und das ist noch besser, frei nach Monty Python - ein 400-Millionen-Dollar-Gewicht, giftgrün, durch die Decke auf Eisner sausen lassen. Darauf steht: "Oops, I did it again!"

Nachdem sich vor Monaten John Lasseters Animationstudio Pixar (Toy Story, Findet Nemo) aus den Kooperationsverträgen mit Disney verabschiedet hat, wird Michael Eisner derzeit in der Tat die nächste Rechnung präsentiert. Sein Partner Jeffrey Katzenberg, den er einst unter Schimpf und Schande aus dem Hause trieb, hat nun mit dem Studio DreamWorks tatsächlich auch eine neue Bastion des Animationsfilms entwickelt - eine Bastion, in der man sich offenkundig permanent über Disney lustig macht.

Ähnlich, oder?

Obwohl man im Katzenberg-Team eigentlich exakt die gleichen Erzählmuster bedient: Erlösung durch Verwandlung (und dabei sind nicht selten die hässlichsten Kreaturen die liebenswertesten); Rettung durch Familie (und dabei sind die verkorksten Familien meist die unterhaltsamsten); beharrliche Behauptung von Toleranz (dabei sind aber drastische Gut-Böse-Konflikte oft am effektivsten).

Shrek 2 beginnt als Sequel wie eine Erzählung, in der alles gelaufen ist. Die Liebenden haben sich (in Teil 1) gefunden, endlich sehen der Held (grün, plump, grauslich - Stimme: Mike Myers) und seine Prinzessin gleich aus (grün, plump, grauslich - Stimme: Cameron Diaz). In dem kleinen stinkigen Sumpf im Märchenwald ist also alles in Ordnung. Obwohl, ja, obwohl: Jetzt bitte Besuch bei den Schwiegereltern. Die sind nicht grün, plump und grauslich, sondern ein echter König und eine Königin, und sie leben in einem Königreich hinter mehreren Bergen, das aussieht wie - Disneyworld? Jedenfalls schwirren da dieselben altbackenen Feen wie in Cinderella herum, aber einen Cateringvertrag mit Fastfoodketten hat man auch schon abgeschlossen. Und hinter den Kitschfassaden rackern Heinzelmännchen, dass es nur so dampft.

Heitere Defekte

Shrek 2 ist auf verquere Weise also eine Mischform zwischen Beauty and the Beast und Meet the Parents: Mein Schwiegersohn, ein Monster - das bringt im Fall des Schwiegervaters erst recht ein paar Defekte zum Vorschein, aber was macht das schon in einer Märchenwelt, in der ein Esel (im Original gesprochen von Eddie Murphy) an charmanter Widerborstigkeit nur vom Gestiefelten Kater (Antonio Banderas) übertroffen wird. Und Pinocchio? Fragen Sie den, ob er Damenunterwäsche trägt! Warten Sie dann darauf, ob seine Nase wächst. Und dann ab in die nächste Räuberspelunke, in der man Songs von Nick Cave oder Tom Waits zum Besten gibt.

Optisch sieht Shrek 2, ähnlich wie sein Vorgänger, wenn auch mit besseren Bildprozessoren, leider immer noch aus wie ein Film, der entlang eines sehr guten Drehbuchs sehr schnell gezeichnet und gedreht wurde: kein Vergleich zu Toy Story, eher wie ein solides Computer-Action-Spiel. Die Familientauglichkeit verliert er trotz mancher Doppeldeutigkeiten nicht - es wird im Gegenteil den lieben Kleinen durchaus mehr Vergnügen bereiten, mit gut gelaunten Altvorderen im Kino zu sitzen. Und jetzt bitte ein Fax an Mr. Eisner: Shrek 3 ist bereits in Planung - für Disney ist das echt nicht komisch.

PS: Für Österreich wurde eine Synchronisation mit Dagmar Koller erarbeitet. Wir plädieren für Englischunterricht per Originalversion. (DER STANDARD, Printausgabe, 1.7.2004)