Fritsche hatte bereits ihre Diplomarbeit den Deserteuren gewidmet. Und sie war Mitglied der vom Wissenschaftsministerium geförderten Projektgruppe "Österreichische Opfer der nationalsozialistischen Militärgerichtsbarkeit". Dieses Forschungsprojekt unter der Leitung von Walter Manoschek ging zurück auf eine Entschließung des Nationalrates vom Juli 1999. Damals ersuchte der Nationalrat die Regierung, "ehestmöglich die historische Aufarbeitung der Verurteilungen von Österreichern durch die nationalsozialistische Militärgerichtsbarkeit zu veranlassen".
Interviews
Die Autorin kommt in ihrer Studie, für die sie neben Akten von Militärgerichten auch selbst geführte Interviews mit Betroffenen herangezogen hat, zum Schluss, dass es den "typischen Deserteur" nicht gegeben hat. Österreichische Soldaten hätten sich aus den unterschiedlichsten Gründen dem Dienst in der Wehrmacht entzogen. Sehr wohl ließen sich aber bei den Abläufen der Desertion Muster erkennen. Eine entscheidende Rolle für das Überleben der Fahnenflüchtigen hat das soziale Umfeld gespielt. Wer sich ohne Hilfe durchschlagen musste, hatte kaum Chancen auf ein Durchkommen.
Wer überlebte, hatte nach 1945 aber nicht nur mit den physischen und psychischen Folgen der Verfolgung zu kämpfen, sondern auch mit Anfeindungen und Diskriminierungen. "Das Unrecht, das die Deserteure und Selbstverstümmler in der NS-Zeit erlitten hatten, fand in der Nachkriegszeit seine Fortsetzung. Deserteure galten als 'Verräter', als 'Feiglinge', als 'Kameradenschweine', und kaum jemand stellte die Rechtmäßigkeit der Urteile der Wehrmachtgerichte in Frage."
Debatte hält an