Wien - Nun sind die Wiener Festwochen also wirklich zu Ende gegangen. Diesmal können sie jedoch für die Verspätung, ausgelöst durch den Konzertteil ihres Programmes, nichts - und auch Musikvereinschef Thomas Angyan, in diesem Jahr für das opulente und von den Festwochen gesponserte Potpourri an glänzenden Musiknamen verantwortlich, trifft keine Schuld.

Wenn der Star unpässlich ist, gilt es zu verschieben; und Cecilia Bartoli war vor einigen Wochen eben nicht danach. Wobei anzunehmen ist, dass es Gründe gab. Die italienische Bestsellerin am CD-Markt sagt nicht leichtfertig ab, in Salzburg, bei den Osterfestspielen, ließ sie es sich trotz Beinverletzung und -manschette nicht nehmen, bei der Così-Premiere die Bühne mit Intensität zu erfüllen. Und in Zürich, da gab es schon vor Jahren eine Produktion, bei der auch ein Gipsbein kein Hindernis war. Man kann Bartolis Quirligkeit indes auch bei Konzerten erleben.

Da ist jede Note theatralisch untermauert, man kann die Noten gleichsam sehen. Mitunter empfiehlt es sich natürlich, diesem Anblick auszuweichen und nur zuzuhören. Denn Bartolis Gesang birgt schon ausreichend Information. Diese Farbwechsel, die bei Salieris E non degg'io seguirla (aus Armida) sich ausbreitende Lyrik, die Koloratur-Raserei bei Vi sono sposa e amante (aus Salieris La fiera di Venezia) - da sieht man die dargestellten Charaktere, auch wenn man nur lauscht. Die Philharmonischen Kollegen, die Bartoli eingeladen haben und diesmal auf einen Dirigenten verzichteten, genießen und applaudieren mit.

Sie haben Bartoli allerdings in die Mitte des Programmes eingebaut und so eine eigenartige Konzertdramaturgie provoziert. Als sie nach einer satt-intensiven, sehr üppigen Version der Metamorphosen von Richard Strauss zum Abschluss - nach dem Endlosapplaus für Bartoli - daran gingen, Mozarts Serenade B-Dur, KV 361, zu zelebrieren, war die Luft aus dem Abend schon draußen.

Und möglicherweise war die etwas behäbige Art und Weise der Interpretation dieser Bläserkammermusik dafür verantwortlich, dass einige Zuhörer ungeduldig - während der Aufführung - vorzeitig den Musikverein verließen. Für die "Philis" wohl eine neue Erfahrung. (DER STANDARD, Printausgabe vom 29.6.2004)