Brüssel - Nicht gerade Begeisterung schlägt aus dem EU-Parlament dem portugiesischen Premier Jose Manuel Durao Barroso entgegen, der als Kandidat für den Posten des EU-Kommissionspräsidenten vorgeschlagen wurde. Während in der Europäischen Volkspartei seine Nennung noch begrüßt wird, stehen ihm Sozialdemokraten und Grüne sehr kritisch gegenüber. Das EU-Parlament muss am 22. Juli seiner Ernennung zustimmen. "Eine sehr gute Wahl" sei er, beschied ihm der Chef der Konservativen, Hans-Gert Pöttering, in einer kurzen Aussendung lediglich. Pöttering, der immer auf einen Kommissionschef aus den Reihen der EVP gedrängt hatte, hatte Durao Barroso erst dann auf seine Präferenzen-Liste gesetzt, als der erste Parteikandidat, der Brite Chris Patten, gescheitert war. Stenzel: "Aus unserer Parteienfamilie" Die Delegationsleiterin der ÖVP-Abgeordneten, Ursula Stenzel, hebt hervor, dass "ein konservativer Politiker aus unserer Parteienfamilie" davor stehe, der nächste Präsident der Europäischen Kommission zu werden. An der Entscheidung für den Portugiesen sei "vor allem" positiv, dass die EVP nicht übergangen wurde. Negativ sei, dass "es den Anschein hat, als habe man sich auf einen bisher nicht sehr profilierten Kandidaten und damit den kleinsten gemeinsamen Nenner geeinigt". "Ob Durao Barroso eine starke Persönlichkeit mit dem notwendigen Durchsetzungs- und Gestaltungsvermögen an der Spitze dieser wichtigen europäischen Institution ist, wird sich zeigen" ist ihre Einschätzung seiner Qualifikation. "Südliche Solidarität" Auch in der zweitgrößten Fraktion im EU-Parlament, den Sozialdemokraten, sei "die Meinung geteilt", so Vizevorsitzender Hannes Swoboda. Da Durao Barroso nie als Kandidat gegolten habe, sei über ihn auch noch nie diskutiert worden. Eine "südliche Solidarität" werde es für ihn in der Fraktion wohl geben. Swoboda selber ist "sehr enttäuscht, dass jemand, der sich nie europapolitisch ausgezeichnet hat" nun Präsident der EU-Kommission werden dürfte. Es sei "aus heutiger Sicht unwahrscheinlich", dass sich Durao Barroso als "großer starker Mann entpuppt". "Goldene Argumente" Auch die Grünen im EU-Parlament sind laut Aussendung "sehr skeptisch". Sie wollen den Kandidaten erst in die Fraktion zu einem Hearing einladen, bevor sie sich für oder gegen ihn entscheiden. Aber er werde wohl "goldene Argumente" brauchen, um die Grünen für sich einzunehmen, meint der Österreicher Johannes Voggenhuber. Die Person wie auch die Art der Ernennung zeigten ganz deutlich, dass die Staats- und Regierungschefs keine starke Persönlichkeit an der Spitze der EU-Kommission wollten, sagt Voggenhuber. Ein "klarer Vertragsbruch" sei es, wenn nun einzelne Länder ihre Zustimmung zu Durao Barrosos Ernennung von der künftigen Zusammensetzung der EU-Kommission abhängig machten. Denn der neue Präsident habe laut Vertrag das Recht, sein Team selber zusammen zu stellen. "Vom Maoisten zum Pseudokonservativen Auch für den Neo-Abgeordneten der FPÖ, Andreas Mölzer, ist Durao Barroso "farblos", seine Karriere "vom Maoisten zum Pseudokonservativen beeindruckt mich wenig", sagte Mölzer am Montag zur APA. Es sei bedauerlich, dass die EU keine starke Persönlichkeit an die Spitze der EU-Kommission wähle. Nun bleibe abzuwarten, was Durao Barroso für die kleinen Länder tun werde. (APA)