Der italienische Fußball hat nicht nur bei der EM eine Schlappe kassiert. Er steht auch vor einem finanziellen Fiasko. Fünf große Vereine stehen unmittelbar vor der Pleite und bangen nicht nur um ihre UEFA-Lizenzen, sondern um ihr Überleben in der ersten Liga. Bis 30. Juni müssen sie ihre Bilanzen in Ordnung bringen, um in der Serie A mitmachen zu dürfen. Dies ist nur mittels Eingreifen der Regierung möglich.

Gagen wie in Hollywood

Die Verquickung von Großindustrie, Sport und Showbusiness hat Italiens Serie A inzwischen zum Hollywood des Fußballs gemacht. Denn die Schwindel erregenden Schulden der meisten Vereine haben ein- und denselben Grund: Hier werden die höchsten Ablösesummen und die höchsten Gehälter gezahlt.

Um ihre Zukunft bangen nicht nur die römischen Klubs Lazio und Roma, sondern auch jene von Parma, Brescia und Siena. Ihre Bilanzen entsprechen derzeit nicht den Bedingungen, um in der ersten Liga weiterzumachen. Lazio und Roma haben Kapitalerhöhungen im Visier. Noch ist nicht sicher, ob und wann die Aufstockungen gezeichnet werden. Die Regierung will intervenieren. Das für marode Industriebetriebe angelegte und nach dem Industrieminister benannte "Gesetz Marzano" soll auf den Fußball angewandt werden. Das Gesetz sieht eine Sonderverwaltung der Unternehmen mit einer Stundung der Schulden vor.

500 Millionen Schulden

Insgesamt sind in der Serie A Steuerschulden von mehr als 500 Millionen Euro angefallen. Ministerpräsident Berlusconi hatte bereits vor einigen Monaten ein Rettungsgesetz verabschieden wollen. Damals scheiterte er nicht nur am Widerstand der Opposition, sondern auch an der Regierungspartei, der separatistischen Lega Nord. Lega-Nord-Minister Roberto Maroni hat leicht reden: Die zwei wichtigsten Klubs seiner Region, der Lombardei, haben Eigentümer mit tiefen Taschen, den Ölmagnaten Moratti (Inter Mailand) und den Regierungschef Berlusconi (AC Milan). Auch Nachbar Juventus Turin befindet sich trotz des heuer erstmals verzeichneten Verlustes in sicheren Fahrwassern. Die Juve-Großaktionäre, die Fiat-Familie Agnelli, werden sämtliche Verluste decken.

Unsicher ist die Zukunft des AC Parma: 120 Millionen Euro machen die Schulden aus. Der Pleiteeigentümer Parmalat kann dafür nicht aufkommen. Inzwischen wurde ein juristischer Trick gefunden. Die Schulden sollen in eine "bad company" ausgegliedert werden, damit Newco Parma schuldenfrei in der ersten Liga mitmachen kann. (DER STANDARD Pritnausgabe 27.06.2004)