Erster Tag

Winterzeit: Italiener sehen auch in ihren voluminösen Daunenjacken und den seltsamen Ohrenschützer-Mützen noch immer pfiffig aus, die Nerzmantel-Dichte ist beachtenswert. Einfach flott bummeln, um nicht allzu sehr zu frösteln. Die Straßen des [1] Centro storico haben - seit dem 14. Jh. ein Stadtgesetz - Arkaden, insgesamt 37 Kilometer lang. Das bietet ein einheitliches, mittelalterliches, urbanes Bild, ohne störende Geschäftsfassaden. Die leuchten erst in der Dunkelheit hinter den Säulen und Kapitelen hervor. Das [2] Zanoni in der Via Farini ist "in" und immer voll, der Cappuccino kostet 2200, ist unendlich cremig und jede Lira wert. Im [3] Tamburini , Via Caprari, hängen die Schinken vom Plafond, der ideal gereifte Käse duftet, die Paste sind frisch. Überall nur Einheimische, das sind die Vorteile einer Winterreise. Die Geschäfte von Gucci und Magli abwärts haben - hurra - Ausverkauf. Die saisonale Schuhmode dämpft allerdings die Gelüste, die Preise ebenso. Die Zeiten als Italien noch ein preisgünstiges Land waren, sind endgültig vorbei. Es wird also bei kulinarischen Importen bleiben. Von den einst 80 Geschlechter-Türmen stehen noch 15, manche davon schon gefährlich schief. [4] Due Torre sind das beste Beispiel dafür. Türme und Campanile also allerorten, schöne Plätze und prachtvolle Paläste überall. Menschenmassen auf den Straßen, die Geschäfte haben bis 20 Uhr geöffnet. Zum Aperitiv in der Bar sollte man die appetitlichen Gratis-Häppchen nehmen. Wer vor 21 Uhr isst, ist entweder Bauer oder Ausländer. Das Restaurant [5] La Pernice e la Gallina tischt manch eine Spezialität auf, die am Markt schon das Wasser im Mund zusammenrinnen ließ.

Zweiter Tag

Was machen Italiener am Sonntag? Sie trinken ihren "cappuco" - ich auch. Sie gehen in die Kirche. [6] San Petronio ist eine der größten Kathedralen der Christenheit und dementsprechend imposant - nur ein Papstedikt mit Baustopp und Verbot der Marmor-Importe hat verhindert, dass sie größer als der Petersdom wurde. [7] Dei Celistini ist intim und mit ziemlich irdischen Trompe-oeuil-Malereien geschmückt. [8] San Domenico ist die eleganteste, auch was die Qualität der Pelzmäntel betrifft, birgt das berühmt-aufwendige Grabmal des Heiligen und eine wunderschöne Rosenkranz-Madonna. Und [9] San Stefano kennt man hier nur als Sette Chiese, weil jahrhundertelang Kirchen übereinander und nebeneinander gebaut wurden. Mehr als 50 Museen hat die Stadt, eines geht sich gerade noch aus. Das [10] Museo Civile Archeologico hat eine mustergültig gestaltete, spannende Ägyptensammlung, die Etruskerschätze sind unüberschaubar viel, ungeordnet und nur italienisch beschriftet, das gibt es noch viel zu tun für die EU-Kulturhauptstadt. Das Hotel Tre Vecchi liegt zentral und direkt bei der Station des Flughafen-Busses. 20 Minuten Fahrt, 1,40 Stunden Flug und man ist im ebenso kalten Wien. Fotos: Mitterbauer (4), Bologna-Tour. (2)

© DER STANDARD, 15./16. Jänner 2000

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