Die Märkte der Zukunft: Rumänien, Bulgarien und Kroatien; Länder mit "Konvergenzpotenzial"

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Wien - "Die Börse Wien hat das Potenzial für einen weiteren Anstieg, obwohl der österreichische Aktienmarkt schon jetzt Weltspitze ist." Zu diesem erfreulichen Ausblick kam der Chef der Geschäftsgruppe Finanzmärkte der Raiffeisenlandesbank (RLB) NÖ-Wien bei einer Pressekonferenz in Wien.

Die Daten, auf die er sich beruft: Der Leitindex ATX hat mit 23 Prozent den weltweit höchsten Zuwachs verzeichnet. Zum Vergleich: Der Welt-Aktien-Index stieg seit Jahresanfang um sechs Prozent, die Europäischen Indices im Schnitt um 1,9 Prozent. Weiteres Wachstum sei durchaus drin, denn die Bewertung der Wiener Börse liege mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 16,2 durchaus gut, "Wien ist nicht zu teuer". Rehors Erwartung für die Entwicklung des ATX, der derzeit bei 1953 Punkten liegt: "2200 Punkte wird er heuer schon sehen." Fantasie sieht der Banker bei österreichischen Titeln wie Verbund, Telekom Austria ("Egal, ob mit oder ohne Swisscom"), EVN. Wegen ihrer Geschäfte in Asien seien aber auch der Wassertechnikkonzern BWT, Böhler-Uddehom oder der Maschinenbauer Andritz "interessant".

Chancen in Südosteuropa

Jenseits der Landesgrenzen sieht die RLB NÖ-Wien in den nächsten EU-Beitrittsländern in Südosteuropa Gewinnchancen. Die Erfahrungen im ersten Halbjahr seien besonders bei den auf Euro lautenden osteuropäischen Staatsanleihen (plus 4,6 Prozent) positiv gewesen.

Die Märkte der Zukunft: Rumänien, Bulgarien und Kroatien; Länder mit "Konvergenzpotenzial", nennt sie der RLB-Manager. Sie würden die gleiche Entwicklung nehmen, wie einst - vor ihrem Eintritt in die Währungsunion - Italien oder Spanien oder derzeit die neuen EU-Länder Tschechien, Ungarn oder Polen. Das Muster: Um die Konvergenzkriterien für den EU-Beitritt zu erfüllen, werden diese Länder ihre Volkswirtschaften stärken. "Das wird den Kurswert ihrer bereits begebenen Euro-Staatsanleihen steigen lassen", so Rehor. Seine Einschränkung: "Wir empfehlen nur Euro-Anleihen, Währungsrisiko raten wir niemanden an."

Russland ist heißester Tipp

Der heißeste Tipp für Wagemutige: Russland. Auf eine Anlagedauer von zwei, drei Jahren spreche "alles für ein Engagement in russischen Staatsanleihen", glaubt Rehor. Von russischen Aktien oder Unternehmensanleihen lässt man dagegen besser die Finger. Was für Russland spreche: sattes Wachstum, sinkende Inflation, ein fetter Handelsüberschuss (60 Mrd. Dollar) sowie politische Stabilität, die "aber nichts über die demokratischen Verhältnisse aussagt" (Rehor). Auch die Ratingagenturen beurteilten das Land zunehmend positiv: Das Risiko, dass der Staat nicht zahlt, tendiert gegen ein Prozent.

Da es derzeit aber so gut wie keine russischen Staatsanleihen in Euro gibt, hat die Bank ein eigenes Produkt erfunden: Die drei Jahre laufende "Russland Anleihe 04-07" in einer Stückelung von 1000 Euro verspricht 4,75 Prozent Zinsen pro Jahr. Zielpublikum: Institutionelle und vermögende Privatkunden. Sie müssen aber den Gedanken aushalten, dass sie im Fall, dass Russland doch nicht tilgen kann, eine russisch-russische Staatsanleihe erhalten. (Renate Graber, Der Standard, 25.06.2004)