Graz - Ob kaputte Leber oder abgenutztes Kniegelenk: Die Hoffnung, dass krankes menschliches Gewebe einmal ausgetauscht werden kann, ist groß. Was für zerstörte Haut jedoch bereits funktioniert, ist für Arterien, Herzklappen, Knochen und Organe noch in Entwicklung.

Beim "Tissue Engineering" wird mit lebenden Zellen Gewebe gezüchtet und Patienten eingesetzt. In Graz treffen sich auf Initiative der Technischen Universität ab dem 27. Juni Experten aus aller Welt zur multidisziplinären Konferenz zur "Mechanik von biologischen Geweben" der "International Union of Theoretical and Applied Mechanics" (IUTAM).

Zukunftstechnologie

Verengte Blutgefäße können zu Herzinfarkt, Raucherbein und Schlaganfall führen. Verschlissene Gelenksknorpel verursachen permanent Schmerzen, Bandscheibenschäden führen neben akuten Beschwerden auch zu größeren Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule. Hoffnungsträger ist das "Tissue Engineering", eine Zukunftstechnologie, die es ermöglicht bio-künstliche Gewebe mit so genannten Bioreaktoren zu züchten. Das natürliche Gewebe soll damit ergänzt oder ersetzt werden können. Vision ist die routinemäßige Versorgung der Patienten mit bio-künstlichen Geweben.

Die neue Methode verspricht Schmerzlinderung und kann sogar Leben retten. Notwendige Voraussetzung für die Weiterentwicklung ist die genaue Kenntnis der mechanischen Eigenschaften von Geweben. Erkenntnisse in der Biomechanik sind für die Weiterentwicklung auf diesem neuen, rasch wachsenden und stark interdisziplinären Gebiet entscheidend. Sie erklärt, welche mechanischen und biologischen Gesetzmäßigkeiten dem Gewebe zu Grunde liegen und welchen Belastungen es standhalten muss.

Ballon-Angioplastie

Schwerpunkt der Forscher an der TU Graz unter der Leitung des Biomechanikers Gerhard Holzapfel ist die Ballon-Angioplastie: Die Wissenschafter haben eine maßgeschneiderte Software entwickelt, mit der sie den Eingriff am Computer simulieren. Die Verkalkung der Blutgefäße, die Atherosklerose, ist die wichtigste und häufigste krankhafte Veränderung der Arterien. Die durch die atherosklerotische Einlagerungen hervorgerufenen Gefäßverengungen können durch die so genannte Ballon-Angioplastie entfernt werden. Im Zuge dieses Eingriffes, bei dem die verengten Gefäße aufgedehnt werden, können jedoch ernste Komplikationen wie Verletzungen der Gefäße, Thrombosen, Embolien und Restenosierungen, also neuerliche Verengungen der Arterien, auftreten. Um das Risiko des Patienten zu minimieren und um Indikationen und Prognosen zukünftig besser abschätzen zu können, erstellen die Grazer Wissenschafter mittels Modellrechnungen und Simulationen am Computer eine genaue quantitative Beschreibung der komplexen biomechanischen Vorgänge.

Mit der von 27. Juni bis 2. Juli 2004 veranstalteten Konferenz findet erstmals ein wissenschaftliches Symposium der IUTAM in Graz statt. Die Arbeitsgruppe "Computational Biomechanics" der TU Graz, die zum internationalen Fachtreffen einlädt, erwartet über hundert Spitzenforscher von Universitäten, Forschungszentren und Kliniken aus weltweit 19 Staaten. Die Teilnehmer der Konferenz kommen aus den Ingenieurwissenschaften, der Medizin, Biologie, Physik und angewandter Mathematik. (APA)