ORF-EM-Kommentator Robert Seeger

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Zugegeben - es gibt originellere Themen als hier einmal mehr über die Fußball-EM-Berichterstattung zu schreiben. Doch gerade angesichts der Informationskomprimierung, die solch ein mediales Großereignis darstellt, zeigen sich die Defizite heimischer Sportkommentatoren und ihrer so genannten Analytiker im Vergleich zu deutschen Sendern am frappantesten.

Nicht dass die Spielkommentare des ARD und ZDF immer geistvoll, witzig oder eloquent wären. Aber einen seit 30 Jahren gedankenlos abgespeicherten Pofel, wie ihn Robert Seeger letzten wieder loswurde, als er einem 20-Millionen-Euro-Profi nach 60 Spielminuten "Müdigkeit" unterstellte und so dessen "Umfallen" erklärte, als an ihm ein nicht geahndetes Foul begangen wurde, ist in seiner Beschränktheit kaum zu überbieten. Seeger meint das nämlich ernst.

Wie ein Sprecher eines Kulturprogramms mutet da ein deutscher Kommentator an, der etwa den tschechischen Trainer Karel Brückner aufgrund seines Äußeren letztens mit George Tabori verglich. Bei Erwähnung dieses Namens erkundigt sich ein ORF-Sportjournalist wahrscheinlich, in welchem Team der denn spielt.

Auch Günter Netzers Analysen erscheinen wie Wissenschaftsbeiträge im Vergleich zu Herbert Prohaskas Joystick-Analysen, mit denen der ORF einen auf Modern Times macht. Andererseits, und das muss man fairerweise erwähnen, hat Netzer Prohaska gegenüber natürlich einen bedeutenden Vorteil. Nämlich Deutsch als Muttersprache. (flu/DER STANDARD; Printausgabe, 24.6.2004)