Putin: Erbarmungslose Verfolgung
Putin ist in der Zwischenzeit zu einem Blitzbesuch in die Kaukasus-Republik gereist. In der Hauptstadt Magas beriet er mit dem inguschetischen Präsidenten Murat Siasikow über die Lage. Bei dem Treffen, von dem der Sender Rossia Bilder zeigte, versprach Putin, die Rebellen zu finden. "Das ist ein neuer Versuch, die Inguscheten zu verängstigen, die Führung der Republik einzuschüchtern und die Situation weiter zu destabilisieren."
"Großangriffe" gegen Moskau und die Gefolgsleute Russlands"
Maschadow hatte in der vergangenen Woche "Großangriffe" gegen Moskau und die Gefolgsleute Russlands angekündigt. Doch er bestritt eine Beteiligung an den Überfällen vom Montag. Die Angriffsserie bestätige "unsere Befürchtungen", sagte ein Sprecher Maschadows dem Rundfunksender Moskauer Echo. Die Lage in Inguschetien sei schon seit längerem nicht mehr kontrollierbar gewesen und hinter den Angriffen könnte eine von vielen Gruppen stehen, die den gesamten Nordkaukasus destabilisierten.
Destabilisierung
Ähnlich reagierte auch der inguschetische Präsident Murat Sjasikow. Dieser sagte, die Angriffsserie habe darauf abgezielt, die Lage im Kaukasus zu destabilisieren. Zum Gedenken an die Opfer ordnete er ab Mittwoch eine dreitägige Staatstrauer an.
In Nasran bot sich Dienstag in der Früh ein Bild der Verwüstung. Auf den Straßen im Zentrum der Stadt lagen verkohlte Leichen, berichteten Augenzeugen. Ausgebrannte Fahrzeuge standen am Rande.
Schusswechsel
Sicherheitskräfte berichteten, die Rebellen hatten zunächst entlang der Straße nach Nasran mehrere Wachposten eingenommen. Gegen 22.00 Uhr (20.00 Uhr MESZ) starteten sie dann in Nasran, Karabulak und Sleptosowsk ihre Überfälle auf Polizeiwachen, Regierungsgebäude und Kontrollposten. Das Innenministerium in Nasran wurde in Brand gesteckt, berichteten Medien. Rebellen und Sicherheitskräfte lieferten sich die ganze Nacht hindurch heftige Schusswechsel. Dabei wurden nach offiziellen Angaben außer den Sicherheitskräften mindestens 28 Zivilisten getötet. Erst im Morgengrauen traten die Angreifer angeblich in gestohlenen Autos den Rückzug an. Die Armee nahm in Kampfhubschraubern die Verfolgung auf. An den Grenzen zu Tschetschenien und Nord-Ossetien kam es scheinbar zu Gefechten.
Kämpfe auch in Dagestan
Auch aus der Republik Dagestan wurden Kämpfe gemeldet. Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur ITAR-TASS lieferten sich Truppen des Sicherheitsdienstes FSB Schusswechsel mit einer Gruppe bewaffneter Kämpfer, die sich in einem Wohnhaus der Hauptstadt Machatschkala (Machackala) verschanzt hatte. Aus Moskau hieß es, dabei wurden zwei der Bewaffneten getötet und eine Reihe weiterer festgenommen. Ob es einen Zusammenhang mit den Kämpfen in Inguschetien gab, blieb zunächst unklar.
Gedenktag
Die Angriffe ereigneten sich genau am russischen Gedenktag für den deutschen Angriff auf die Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg am 22. Juni 1941.
Zuletzt war die Region im Mai durch den tödlichen Anschlag auf den Moskau-treuen tschetschenischen Präsidenten Achmat Kadyrow erschüttert worden. Sein Nachfolger soll am 29. August gewählt werden. Der bisher letzte größere Angriff tschetschenischer Rebellen in Inguschetien erfolgte im Oktober 2002. Damals wurden 17 russische Soldaten getötet. Obwohl Moskau den Tschetschenien-Krieg für beendet erklärt hatte, sterben fast täglich Menschen bei Kämpfen. Die Nachbarrepublik Inguschetien, die zehntausende Flüchtlinge aus Tschetschenien beherbergt, wird zunehmend in den Konflikt hineingezogen.
Reaktionen
Die Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai) stellte indes in einem Bericht zum Kaukasus fest, dass der Tschetschien-Konflikt eine Welle von anhaltenden Menschenrechtsverletzungen sei, die inzwischen auch auf den Nachbarstaat Inguschetien übergeschwappt sei. In Inguschetien wurde etwa das letzte Zeltcamp für Flüchtlinge aus Tschetschenien am 10. Juni geschlossen. Auf die verbliebenen Flüchtlinge werde von den Behörden unannehmbarer Druck ausgeübt, der sie dazu bringen soll, zurückzukehren.
amnesty international rief die Internationale Staatengemeinschaft dazu auf, ihre Untersuchungen zu der angespannten Situation in Tschetschenien und Inguschetien zu intensivieren. Außerdem müsse mehr Druck auf die russische Regierung ausgeübt werden, damit diese ihren Menschenrechtsverpflichtungen nachkomme: Russland müsse endlich die zahlreichen Menschenrechtsabkommen, denen der Staat beigetreten ist, einhalten, forderte ai in einer Aussendung.