Lifestyle
Die schönste Mogelpackung der Welt
Vor zehn Jahren kam "Miss Wonderbra"
Hamburg (dpa) - Bridget Jones steckt in der Klemme. Soll sie zum
ersten Date die figurformende Miederhose anziehen? Doch wenn ihr
potenzieller Liebhaber sie auszieht, wäre der sexy Tanga besser. Die
Filmheldin zieht schließlich beides übereinander. Biedere
Funktionswäsche versus unpraktische Modedessous - das ist oft ein
noch immer aktueller Konflikt. Wenigstens für den Busen hat er sich
dank des "Wonderbra" inzwischen erledigt. "Die schönste Mogelpackung
der Welt" nennt Hersteller Sara Lee das Wunderding und ruft jetzt in
Deutschland das zehnjährige Jubiläum für den Büstenhalter aus, der in
Sekundenschnelle ein Vorzeige-Dekollete kreiert.
Der Wonderbra ist ein so genannter Push-up-Büstenhalter. Der
Druck, der einen anhebenden wie auch vergrößernden Effekt für den
Busen erzeugt, kommt dabei gleichmäßig von beiden Seiten. Dahinter
verbirgt sich eine Art Dreieckskonstruktion aus über 40 Einzelteilen.
Kleine Kissen an der Innenseite sind herausnehmbar. Spitzenbesetzt
und tief ausgeschnitten passt ein Wonderbra so gar nicht in die
Kategorie "Funktionswäsche". Als im Mai 1994 der amerikanische
Großkonzern Sara Lee eine Kampagne mit einem Bild der damals
unbekannten Eva Herzigova im Wonderbra auf einer riesigen Fläche am
New Yorker Times Square startete, brach ein unglaublicher Hype aus.
Die lockende Herzigova wurde als "Miss Wonderbra" weltberühmt.
Ihre Plakate holten männliche Bewunderer von den Wänden. Unterdessen
rissen sich die Frauen in den Kaufhäusern die BHs aus den Händen.
Bald fand das Wort Wonderbra Eingang in englische Wörterbücher. Einen
"überwältigenden Erfolg" verzeichnete Sara Lee "mit 20 Millionen
verkauften Exemplaren allein in Europa". Auch in Deutschland machte
der Wonderbra Furore. Das Jugendmagazin der "Süddeutschen Zeitung"
riet Mädchen auf der Jagd nach ihrem Traumtypen: "Viele Bücher lesen
und immer einen Wonderbra tragen." Und die "Zeit" machte 1998 die
Omnipräsenz der Wonderbra-Brüste auf jeder Hauswand dafür
verantwortlich, dass der "Stern" kaum noch Busen aufs Titelbild nahm.
Möglich war das Ganze durch ein neues Frauenbild. In den sechziger
und siebziger Jahren hatten kleine Brüste im Trend gelegen, etwa bei
Yves Saint Laurents Transparent-Mode. Das knabenhafte Model Twiggy
prägte ein androgynes Schönheitsideal. Und Vorkämpferinnen der
Emanzipation verbrannten öffentlich ihre von ihnen als einengend
empfundenen Büstenhalter. In den neunziger Jahren kamen dann die
Supermodels wie Cindy Crawford und Claudia Schiffer - mit deutlichen
Rundungen versehen werteten sie traditionelle weibliche Attribute
auf. Das kam dem Wonderbra zugute.
Eigentlich gibt es ihn nämlich schon seit 40 Jahren. 1964 kreierte
die Designerin Louise Poirier für die kanadische Wäschefirma
Canadelle eine Art Urmodell. Viele Jahre lang besaß die Wäschemarke
Gossard die Lizenz für diesen "Wonderbra". 1994 ging die Lizenz für
den Namen an Sara Lee, und die brachte das Modell unter dem nun als
Marke geführten Namen heraus. Gossard hingegen lancierte den
"Ultrabra" - der "Büstenhalterkrieg" mit spektakulären Kampagnen
brach aus. Heute gehört auch Gossard zu Sara Lee. Und um die Push-ups
ist es still geworden, sie gelten als Basisteil. Immerhin: In den USA
wirbt zur Zeit Nadja Auermann für "Wonderbra".