Santa mag noch so sehr von Australien fantasieren, landen wird er dort wohl nie.

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Wien - An sich hat der Zustand der Arbeitslosigkeit kaum dramatisches Potenzial. Leere Zeit bemächtigt sich des Lebens, allenfalls die ermüdenden Routinen der Arbeitssuche strukturieren es. In Laurent Cantets L'emploi du temps lag die Spannung im Trugspiel: Einer macht so weiter, als wäre nichts passiert. Beim Briten Ken Loach bäumt sich der Affekt in der Konfrontation des Individuums mit Institutionen auf - da ist der Gegner oft noch auszumachen.

Die Kumpels in Fernando León de Aranoas Montags in der Sonne/Los lunes al sol, seit der Übernahme der Schiffswerften in Vigo ohne Job, haben sich dagegen in ihrer Situation mehr oder minder eingerichtet. Gemeinsam hängen sie in einer Bar am Hafen ab, ihrem sozialen Refugium, und halten sich mit Wut, Melancholie oder auch Humor über Wasser. Lino (José Angel Egido) ist der Einzige von ihnen, der sich weiter bewirbt; unter viel Jüngeren sitzt er schweißnass in Wartezimmern, wie jemand, den man vergessen hat.

Aranoa erzählt in Montags in der Sonne in elliptischen Bögen Episoden aus dem Dasein der Figuren, kleine Dramen, komische Situationen, die den Effekt des Arbeitslosseins im Privaten vermitteln. Im Zentrum steht Santa, den Javier Bardem als bärbeißigen Hobbyphilosophen und unberechenbaren Hitzkopf verkörpert, der seine Einfühlsamkeit vor den anderen verbirgt: Als er einmal den sturzbetrunkenen Amador (Celso Bugallo) nach Hause bringt und dabei dessen verkommene Wohnung sieht, spürt man seine Angst, dass dieser endgültige Absturz allen droht.

In solchen auch stilistisch hervorgehobenen Momenten berührt Montags in der Sonne die Tragödie, meist setzt Aranoa jedoch auf die Solidarität unter den Kumpels - auf Freundschaft oder auch Liebe, wenn Ana (Nieve de Medina) etwa letztlich an José (Luis Tosar), dem Jüngsten der Bande, festhält, obwohl auch er immer mehr verfällt, langsam seine Selbstachtung verliert.

Im Jahr 2002 war Montags in der Sonne , noch unter der Regierung der Partido Popular, ein Überraschungserfolg und wurde sogar anstelle von Almodóvars Habla con ella für den Auslandsoscar vorgeschlagen. Als Ensemblefilm, der auf seine Darsteller und ihre pointierten Dialoge setzt, mag er ein wenig altmodisch wirken. Leicht macht er es sich aber nicht: Denn (falsche) Auswege zeigt Aranoa keine an. Die Beharrlichkeit, mit der sich die Arbeitslosen hier behaupten, hat kein Ziel mehr. Santa mag noch so sehr von Australien fantasieren, landen wird er dort wohl nie. (DER STANDARD, Printausgabe vom 21.6.2004) Derzeit im Kino